Zeitzeugen:Selber schuld

Josef Hofmiller, 1932

Josef Hofmiller.

(Foto: SZ Photo/Kester & Co.)

Josef Hofmiller betrachtet Eisner als Opfer der eigenen Politik

Josef Hofmiller (1872-1933) war Gymnasiallehrer und verfasste nebenher Essays und Literaturkritiken. Als nationalkonservativ gesinnter Mann war er ein erbitterter Gegner der Revolution und Kurt Eisners, was auch in seinem "Revolutionstagebuch 1918/19" zum Ausdruck kommt.

"Eisner forderte durch sein ganzes Verhalten zu seiner gewaltsamen Entfernung heraus. Er erklärte bei jeder Gelegenheit, dass es ihm nicht einfalle, als Ministerpräsident zu gehen. Er hätte sicher noch die schwerste Opposition gemacht. Es war nicht möglich, mit ihm zu regieren; es wäre vermutlich nicht möglich gewesen, ohne ihn zu regieren, da er einen zwar kleinen, aber zu allem entschlossenen Anhang hinter sich hatte. Unzweckmäßig scheint mir, dass man ihn nicht früher beseitigte, und zwar auf vollkommen harmlose Weise. Der gegebene Augenblick wäre gewesen, als er von der Schweiz zurückkehrte. (...) Man hätte ihn z. B. zwischen Füssen und Murnau in irgendeine Jagdhütte des Ammergebirges bringen können, von ihm Verzicht auf sein Amt verlangen, ihn sodann über die Grenze schaffen, ihm seine Papiere usw. abnehmen. Inzwischen wären acht bis vierzehn Tage vergangen, der Landtag wäre eröffnet worden, und der Unruhestifter wäre ohne Blutvergießen erledigt gewesen. So wird sein gewaltsamer Tod einen Bürgerkrieg zur Folge haben. Aber wäre dieser Bürgerkrieg nicht sowieso gekommen? Die Auseinandersetzung mit den Räten ist unvermeidlich. Es fragt sich jetzt nur, wer die Macht hat. Wer sie am Schluss haben wird, ist mir nicht zweifelhaft.

Aber einstweilen kann es immerhin ein heftiges Durcheinander geben. Ich bedaure, dass wir heute nicht im 'Union' zusammenkommen können, nachdem ich schon vor acht Tagen nicht dort war. (...) Ich habe den Tod Eisners vorausgesehen und vorausgesagt."

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