Zeiterfassung:Das Ende der Stempeluhr

Stechuhr

Auslaufmodell: Die Stechuhr wird in vielen Betrieben abgeschafft - auch im Münchner Rathaus.

(Foto: dpa)

Wer wann kommt, wer wann geht - das soll im Rathaus künftig ein Computersystem erfassen. So richtig freiwillig geht die Stadt diesen Schritt aber nicht.

Kolumne von Heiner Effern

Die Stadt, man muss das so sagen, ist auf dem IT-Trip. Nach Jahren und Jahrzehnten voller Ärger über lahme Computer und vergreiste Systeme geht es Schlag auf Schlag: Ein neues IT-Referat ist gegründet, eine private Gesellschaft für hippe Ideen soll darunter schlüpfen, und auch die Computer und Server an den städtischen Schulen und Kitas bekommen eine eigene GmbH, die sich um sie kümmert.

Die Pinguine samt ihrem unabhängigen, aber lästig komplizierten Betriebssystem Linux wurden wieder davongejagt. Und E-Government wird ständig als Allheilmittel gegen die langen Schlangen vor den Bürgerbüros gepriesen. Da soll einer den digitalen Überblick behalten, bei so viel Modernisierungswut.

Dabei steht die nächste Revolution schon an. Die Stadt will "als eine moderne Arbeitgeberin im Zeitalter der Digitalisierung" ein computergestütztes System der "Arbeitszeitbewirtschaftung" einführen. Der Stadtrat berät darüber am Dienstag. Für alle Nicht-Ingenieure und Computerfexe: Es geht im Kern darum, die Stempelautomaten abzuschaffen.

Bis heute halten alle 15 000 Mitarbeiter, die Gleitzeit arbeiten, ihre Karte in einen Entwerter, der Kommen und Gehen festhält. Dabei gilt die Sechs-Minuten-Regel: Nur in diesem Abstand stempelt der Automat ab. Wer seine Karte taktisch gut reinsteckt, kann sich ein paar Minuten sparen.

Klingt jetzt nicht direkt nach "moderne Arbeitgeberin im Zeitalter der Digitalisierung". Es gab ja schon ein paar Versuche, die Zeiterfassung der Mitarbeiter moderner zu organisieren. Aber die Kosten! Gut zehn Millionen Euro wären beim letzten ernsthaften Anlauf im Jahr 2013 fällig geworden. Dann doch lieber günstig stempeln, dachten sich die Stadträte.

Doch nun kommt es bitter: Der Hersteller der Stempelautomaten hat einfach die Produktion eingestellt, Wartung und Ersatzteile soll es nur noch zwei Jahre lang geben. Die Stadt schaut sich nun recht hektisch um, es soll ja schon Nachfolgemodelle geben. So mit Computern und so. Das alte System jedenfalls bräuchte niemand entsorgen: Das übernimmt bestimmt gleich das Stadtmuseum.

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