Zauberkunst:Der Mentalist

Pullach, Cafe Dolce, Thorsten Havener, Zauberkünstler und Referent in Sachen Körpersprache und Kommunikation,

Eine Geste kann auch Gedanken verraten, sagt Thorsten Havener.

(Foto: Angelika Bardehle)

Thorsten Havener kann anhand der Körpersprache Gedanken lesen

Von Claudia Wessel, Pullach

Die Japaner wollten es ganz genau wissen. Wenn er doch eine Nadel finden konnte, die sie in dem Besprechungsraum des Hotel Kempinski in München verborgen hatten, konnte er dann vielleicht auch eine Person finden, die sie in Tokio verstecken würden? Etwa wenn man ihn mit einem Hubschrauber über die Stadt fliegen würde?

Ja, warum nicht, sagte Thorsten Havener zu den eigens angereisten Männern aus Fernost, die ihn engagieren wollten. Obwohl er, wie er beim Treffen im Pullacher Café Dolce gesteht, "ganz schön Bammel hatte". Denn er wusste ja nicht, ob er die Japaner ebenso würde "lesen" können wie die vertrauten Deutschen. Er konnte. Beim Rundflug 2012 über Tokio hielt er die ganze Zeit das Handgelenk seines "Mediums", eines japanischen Models. "Das war durchaus angenehm", sagt er lächelnd. Und auf diese Weise fand er genau das richtige Haus, in dem die von den Japanern versteckte Person war.

Hat Thorsten Havener magische Fähigkeiten? Nein, sagt er. "Das ist eher psychologisches Wissen, das ich beim Zaubern erlernt habe." Mentalist, Zauberkünstler und Buchautor nennt er sich, seine Ausbildung zum Diplomdolmetscher braucht er schon lange nicht mehr. Er hat Bücher über die Kunst des Gedankenlesens geschrieben, hatte schon eine eigene Fernsehshow und ist heute in der Welt und seiner Heimat unterwegs mit seiner Show "Feuerproben" oder abwechslungsreichen Vorträgen über das Durchschauen seiner Mitmenschen. Diese Kunst möchte er auch seinen Zuschauern beibringen. "In dem Moment, in dem sie den Saal verlassen, können sie schon anfangen, es umzusetzen", verspricht der 46-Jährige. Somit ist er ein Psychologe, ein Fachmann der Körpersprache, der mit deren Hilfe "Gedanken lesen" kann.

Ein professioneller Magier ist er aber trotzdem, allein aufgrund seiner Geschichte als Zauberkünstler, der viele Jahre lang "klassische Zaubershows" machte. Die Zauberei faszinierte ihn schon als Jugendlicher, ein Erbe, das er von seinem bei einem Unfall verstorbenen größeren Bruder übernahm. Er öffnete nach dessen Tod seine Zauberkiste und war von diesem Moment an fasziniert. Schon nach den ersten Erfahrungen mit Zauberei merkte er, dass diese viel mit den Menschen anstelle. "Staunen ist eine tief gehende Erfahrung", sagt er. Sowohl für den Agierenden als auch für die Zuschauer. "Viele Menschen haben das Staunen verlernt", so Havener. Als Bewunderer von Zauberei erlernen sie es wieder und können sich von der Faszination davontragen lassen. Diese Wirkung genoss Havener so lange, bis er "alles, was man machen kann, gemacht hatte", wie er erklärt. Das war der Zeitpunkt, in dem er offen war für Neues. Seit 2005 hält er Vorträge über seine psychologischen Betriebsgeheimnisse. Danach wurde Havener immer wieder gefragt nach seinen Zaubershows: "Wie machen Sie das?" Und als er anfing, die Dinge zu erklären, "fanden die Leute das richtig spannend", sagt er.

Trotzdem: Einen Vortrag halten? Als Zauberer? Das wollte er anfangs nicht, bis ein guter Freund ihn überredete, in seiner Firma zu sprechen über das Thema "Menschen lesen - Menschen führen". Es wurde ein voller Erfolg. Und es machte auch ihm Spaß, ein paar seiner Geheimnisse als Zauberer und Menschenkenner zu enthüllen. Etwa das, dass es in jeder Gruppe ab drei Personen jemanden gebe, der einen höheren Rang habe. Und dass man diesen erkenne, wenn man einen Witz erzähle: Bevor alle lachen, blicken sie zum "Ranghöchsten", quasi um Erlaubnis zum Lachen bittend, eröffnet Havener. Solche subtilen Gesten sind das Geheimnis hinter seinem Gedankenlesen. "Vortrag", das war und ist bei Havener angesichts solcher Enthüllungen keine Rezitation langweiliger Inhalte. Es ist vielmehr praxisorientiert und darauf angelegt, unterhaltsam zu sein. Das Finden einer Stecknadel, die vom Publikum in Haveners Abwesenheit versteckt wird, gehört übrigens unter anderem auch dazu.

Thorsten Havener wohnt seit 1999 in Pullach, seine Frau ist die Tochter des Inhabers der dortigen "Zauberzentrale". Jahrelang war sie es, die Haveners Bestellungen an Zauberrequisiten einpackte und an ihn schickte, als sie sich noch nicht kannten. 1995 sah Havener, der damals noch in Saarbrücken wohnte, sie auf einem Zauberkongress, sie gefiel ihm und er sprach sie an. Die Studentin zog zu ihm nach Saarbrücken, vor gut 20 Jahren kamen sie zurück nach Pullach. Ihre Kinder sind elf, 13 und 16 Jahre alt.

Auch die Familie profitiert natürlich von Haveners "Zauberwissen". Auch ihnen erklärt er, was er seinen Zuschauern bei den Vorträgen verrät. Zum Beispiel, dass sich jeder Mensch immer wieder Fragen stelle: Warum passiert mir das? Warum erlebe ich jenes? Warum reagiert jemand so auf mich? "Die Frage stellen wir uns bewusst, und wir geben uns auch immer selbst die Antwort darauf, aber aus dem Unterbewusstsein." Um aus der Falle herauszukommen, die man sich selbst durch die Antwort stellt, und damit das scheinbar Unvermeidliche zu ändern, gibt es einen Trick. Und den wird Havener in seinem Vortrag preisgeben. Auch wie ihm sein Medium ohne Worte mitteilt, wo sich die versteckte Nadel befindet, wird er verraten. Vielleicht.

"Thorsten Havener - Der interaktive Erlebnisvortrag" findet statt am Montag, 27. Mai, von 19 bis 22 Uhr in der Black Box im Gasteig.

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