Zamdorf:Wohnbau-Pläne rütteln die Nachbarn auf

Zamdorf: Grüner Fleck nördlich der Autobahn: An der Eggenfeldener Straße haben Verwaltung und Politik ein potenzielles Baufeld ausgemacht.

Grüner Fleck nördlich der Autobahn: An der Eggenfeldener Straße haben Verwaltung und Politik ein potenzielles Baufeld ausgemacht.

(Foto: Google Earth)

Während die Ideen für ein neues Quartier an der Eggenfeldener Straße im Stadtrat generell auf Wohlwollen stoßen, lassen die Anwohner kein gutes Haar am Konzept. Sie wollen so wenig Veränderung wie möglich - vor allem wehren sie sich gegen ein weiteres Hochhaus

Von Alfred Dürr und Ulrike Steinbacher, Zamdorf

Noch erstreckt sich zwischen der Eggenfeldener Straße, der Hultschiner Straße und der Passauer Autobahn A 99 ein weites, großteils unbebautes Feld. Nun hat der Planungsausschuss des Stadtrats einstimmig erste Schritte unternommen, damit hier ein Quartier mit Geschäften, Bürogebäuden und rund 400 Wohnungen entstehen kann. Dafür muss der Flächennutzungsplan geändert und ein neuer Bebauungsplan aufgestellt werden. Bisher war die Fläche als Gewerbegebiet ausgewiesen. Zunächst aber soll ein städtebaulicher und landschaftsplanerischer Wettbewerb zeigen, was überhaupt auf dem Grundstück möglich ist.

Buchstäblich herausragend sind Überlegungen, im westlichen Bereich des Areals ein 60 Meter hohes Gebäude zu errichten. Das Planungsreferat sieht keine Probleme. Die baulichen Entwicklungen an der Stadteinfahrt von Osten, wie zum Beispiel das Hochhaus des Süddeutschen Verlags und das gerade entstehende Turm-Ensemble am Vogelweideplatz, wie auch die verschärfte Flächenknappheit unterstützen nach Ansicht der Stadtverwaltung die Argumentation für einen weiteren Hochpunkt nördlich der Autobahn.

Das Gebiet sei gut an den öffentlichen Nahverkehr angebunden, betonen die Planungsexperten. Der nächste S-Bahn-Haltepunkt Berg am Laim befindet sich rund 750 Meter entfernt. Und 650 Meter sind es bis zur Endhaltestelle der Straßenbahn, die das Planungsgebiet über den Max-Weber-Platz mit der Innenstadt verbinden.

Stadtrat Herbert Danner (Grüne) begrüßte die Planungen als "schönes Projekt im Osten" allerdings mit einer Einschränkung: Den Grünen ist der Anteil des Gewerbes auf der Fläche zu hoch. Dieser müsse zugunsten von mehr Wohnungen "deutlich reduziert" werden. Danner: "Das Umfeld ist bereits mit Arbeitsplätzen bestens versorgt." Die Grünen drängen außerdem auf eine Verlängerung der Trambahn nach Steinhausen über die Hultschiner Straße in Richtung Denning und Daglfing. Dieses Projekt solle bereits jetzt "zügig geplant" werden, wünschte sich Danner.

Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) bezweifelte, ob die Stadtwerke ein solches Konzept im geforderten Tempo schaffen. Bettina Messinger (SPD) sagte, man müsse eine Tram-Verlängerung im Hinterkopf behalten. Grundsätzlich seien die Planungen für das neue Quartier "ausgewogen". Die Forderung der Grünen nach weniger Gewerbe auf dem Areal fand keine Mehrheit im Stadtrat. "Wir brauchen das Gewerbe an dieser Stelle", sagte Messinger.

Beim Autoverkehr geht das Gutachten von Gevas Humberg & Partner davon aus, dass die Kreuzung der Eggenfeldener mit der Hultschiner und der Friedrich-Eckart-Straße leistungsfähig genug ist, um die zusätzlichen Fahrzeuge aus dem neuen Wohn- und Gewerbegebiet zu verkraften. Die Studie rechnet mit 1000 zusätzlichen Fahrten pro Tag auf dem östlichen Ast der Eggenfeldener Straße und 300 Fahrten auf dem westlichen. Für die Hultschiner Straße erwartet sie ein Plus von 500 Fahrten. Der Stau vor der Ampel dort werde zu Stoßzeiten 130 Meter lang sein, der Rückstau auf der Eggenfeldener Straße sogar 200 Meter. Um das zu verhindern, empfehlen die Verkehrsplaner, die Linksabbiegespur der Hultschiner Straße von 15 auf 35 Meter zu verlängern und die kurze Rechtsabbiegespur der Eggenfeldener Straße auf 100 Meter auszudehnen. Und Tiefgaragenausfahrten aus dem neuen Wohngebiet auf beide Straßen sollen einen Abstand von mindestens 100 Metern zur Kreuzung einhalten.

Während Stadträte und Verwaltung das Projekt also machbar finden und wohlwollend betrachten, sehen die Nachbarn aus Zamdorf und der Schwarzwald-Siedlung die Entwicklung äußerst kritisch. Vor allem das geplante Hochhaus ist ihnen im wahrsten Sinne des Wortes ein Dorn im Auge. Es werde seinen Schatten auf den Stadtteil werfen, eine "bedrückende Wirkung" entfalten und "die gewachsenen Vorstadtstrukturen vernichten". Das Hochhaus sei auch kein städtebaulich sinnvoller Gegenpart zum knapp 100 Meter hohen Gebäude des Süddeutschen Verlags an der Hultschiner Straße, sondern würde "der Solitärstellung der bedeutendsten deutschsprachigen Zeitung die Wirkung nehmen".

Außerdem halten die Nachbarn die geplanten 400 Wohnungen plus 20 000 Quadratmeter Gewerbeflächen für viel zu viel. Lärm und Schadstoffbelastung im Viertel seien bereits jetzt zu groß, auch angesichts weiterer Bauvorhaben im Umkreis. "Vehement" wehren sie sich gegen die Verlängerung der Abbiegespuren an der Kreuzung Eggenfeldener/Hultschiner Straße.

Stattdessen wollen die Nachbarn so wenig Veränderung wie möglich: eine "reduzierte Bebauung (ohne Hochhaus)" sowie eine Verschmälerung der Eggenfeldener Straße samt Einbahnstraßenregelung und der Einführung von Tempo 30. Das neue Wohngebiet solle über eine Stichstraße erschlossen werden, sodass keine Tiefgaragenausfahrten auf bestehende Straßen münden, und der Verkehr aus Daglfing und Riem solle auf die Zamdorfer Straße auf der Südseite der Autobahn umgeleitet werden. "Es wäre auch (. . .) eine Überlegung wert", heißt es weiter, die Straßenbahn nicht durch die Eggenfeldener Straße zu führen, sondern durch die Daglfinger Straße nördlich davon.

Die erste Bürgerinformation von Dibag AG, Planungsreferat und Bezirksausschuss Bogenhausen zur Bebauung an der Eggenfeldener Straße findet an diesem Mittwoch, 26. Juli, 18 Uhr, im Azimut Hotel Munich, Kronstadter Straße 6-8, statt.

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