Sechs Radfahrer starben vergangenes Jahr auf Münchens Straßen, "fünf könnten noch leben, hätten sie einen Helm getragen", sagt Bauer. Allein in den ersten sechs Monaten 2007 verunglückten drei Radler tödlich, 1173 wurden verletzt. "Wenn sich die Leute aufs Fahrrad setzen, gelten für sie offenbar keine Verkehrsregeln mehr", meint Bauer. Und sie denken, dass man ihnen ohne Kennzeichen nichts anhaben kann.
Doch das ist falsch: Allein zwischen Januar und Mai verpasste die Polizei 1480 Radfahrern einen Strafzettel, weil sie bei Rotlicht über die Ampel gefahren waren. 25 Euro kostet das. Wenn die Ampel schon mehr als eine Sekunde lang Rot war, sind es 62,50 Euro Bußgeld. "Hauptproblemstrecken" sind für Bauer beispielsweise die Leopold- und Ludwigstraße und der Innenstadtbereich mit der Fußgängerzone.
Immer mehr Betrunkene
Eine weitere Tendenz: Die Polizisten holen immer mehr Betrunkene von den Fahrrädern. 60 Alkoholisierte im ersten Halbjahr 2007 stehen 29 vom Jahr 2006 gegenüber. "Das Problem ist, dass viele den Schluss ziehen: Heute will ich was trinken, deshalb fahre ich mit dem Rad", sagt Christoph Zindel-Kostelecky, der Münchner Vorsitzende des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC).
Er kann sich nicht vorstellen, "dass Münchner Radfahrer rücksichtsloser sind als in anderen Städten". Die Durchschnittsgeschwindigkeit liege zwar höher als beispielsweise in Hamburg, aggressiver sei das Verhalten auf den Straßen aber nicht.
"Es gibt Menschen, die benehmen sich als Autofahrer daneben, als Fußgänger und als Radfahrer", sagt der ADFC-Vorsitzende, "das sind wahrscheinlich immer dieselben". Der ADFC-Experte bemängelt vor allem eine "teilweise erschreckende" Regel-Unkenntnis bei Radlern wie auch Polizisten. Kaum jemand wisse zum Beispiel, dass manche Radwege benutzungspflichtig seien, andere nicht.
Die Forderung des ADFC, die Radwegepflicht aufzuheben, hält Polizist Bauer dagegen für den falschen Weg. "Der Radfahrer muss vorausschauend fahren und sich von der Ellenbogen-Mentalität am Radweg verabschieden", sagt er. Wobei letztere schon so weit geht, dass auch das Phänomen Unfallflucht unter Radfahrern zunehme.
Allein 93 Radler entfernten sich im ersten Halbjahr 2007 unerlaubt vom Unfallort. "Absolut schäbiges Verhalten", kommentiert Bauer. Der krasseste Fall dürften die beiden Unbekannten gewesen sein, die vergangene Woche auf dem Isar-Radweg vor dem Patentamt einen Radler regelrecht abdrängten, so dass dieser auf die Gegenspur geriet und gegen einen anderen Radfahrer knallte. Der entgegenkommende Jurist erlitt schwere Verletzungen. Die Unfallverursacher flüchteten.