Süddeutsche Zeitung

"Youporn-Party":Lasziver Karneval

Die Schrannenhalle will eine Party unter dem Motto "Youporn" veranstalten. Das erregt die CSU. Währenddessen freuen sich die Veranstalter über die kostenlose PR.

Christian Mayer

Eines hat Richard Quaas mit seiner neuesten Pressemitteilung geschafft: Der CSU-Stadtrat hat einem Clubabend in der Schrannenhalle zum größtmöglichen Quantum an Aufmerksamkeit verholfen. Laut Quaas markiert die für Samstagabend im Schrannen-Club geplante "Youporn-Party" den "absoluten Tiefpunkt in Sachen Niveau".

Weil der Stadtrat offenbar Schlimmes befürchtet, zumindest aber einen "Imageverlust des Viertels", fordert er die Betreiber auf, die Veranstaltung sofort aus dem Programm zu streichen. Das Jugendamt ist bereits alarmiert, ein Nachbar der Schrannenhalle hatte den Stadtrat eingeschaltet.

Ob das Motto der Party allerdings tatsächlich hält, was es verspricht, darf bezweifelt werden. Das amerikanische Porno-Portal, auf dem voyeuristisch veranlagte Privatleute ihre selbstgedrehten Videos zeigen, ist seit kurzem zensiert, Suchmaschinen zeigen keine Treffer mehr an. Internet-User müssen sich eigens dafür registrieren, wie es Jugendschützer seit langem fordern.

Vor allem der Reiz des Verbotenen hat wohl auch die Münchner Veranstaltungsagentur animiert, die für die Schrannenhalle den Abend gestaltet - sie wirbt wichtigtuerisch mit der "ersten offiziellen Youporn-Party in Deutschland" und hat sich bei den Amerikanern angeblich die Genehmigung für ihre Feier eingeholt.

Die Veranstalter setzen offenbar auf eine Art Karneval, mit lasziven Filmen und einem fliegenden Käfig: "Bitchy & Pimpy" sollten die Gäste erscheinen, auch den Oberkörper dürften sie gerne entblößen, und wer wolle, könne "Opas alte Pornobrille aus dem Keller" holen oder sich die Fingernägel schleifen - so albern klingt das eben, wenn Partyveranstalter dichten.

Was auch immer am Samstagabend geschieht, Schrannenhallen-Geschäftsführer Jürgen Lochbihler hält die Sache für harmlos und die Reaktion des CSU-Stadtrats für maßlos überzogen. "Das ist eine Zeitgeist-Party, wie sie im Nachtleben nun mal üblich ist", entgegnet Lochbihler, der erst am Mittwoch über die Inhalte des Abends informiert wurde. Die Party könne wie geplant stattfinden, zumal die Altersbeschränkung ab 18 Jahren gelte.

Fast schon provozierend selbstsicher reagiert der Geschäftsführer auf den Vorwurf von Quaas, dass eine solche Veranstaltung ausgerechnet in der Nähe des jüdischen Gemeindezentrums, des Anger-Klosters und eines Altenheims völlig "indiskutabel und instinktlos" sei. Der CSU-Fraktionsvize befinde sich wohl im Kommunalwahlkampf und sei sich für "nix zu blöde".

Eine Beschwichtigungsstrategie sieht anders aus - die Gräben zwischen Lochbihler und Quaas, der heftig gegen das aus seiner Sicht höchst zweifelhafte "Kulturprogramm" der Schranne wettert, sind tiefer denn je. Dies sei genau das Angebot, das man im Zentrum nicht haben wollte, sagte der Stadtrat am Rande der Plenarsitzung.

Nach dem Vorstoß seines schärfsten Kritikers gibt sich Lochbihler höchst erfreut: "Wir hatten mit 300 Besuchern gerechnet, aber nun kommen vielleicht ein paar tausend - getrieben aus purer Neugier."

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SZ vom 8.11.2007
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