Ausflugsziel Oberland:Verkehrssünder lassen Einnahmen sprudeln

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Der Zweckverband Kommunales Dienstleistungszentrum überwacht Fahrende und Parkende im ganzen Oberland. Die Verstöße nehmen rapide zu, bis zu 24 000 Strafzettel gehen täglich raus. Doch es hakt bei den Zuständigkeiten.

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Die Corona-Pandemie hat auch die Verkehrsüberwacher getroffen. Jeder Teilnehmende, der zur Herbstversammlung des Zweckverbands Kommunales Dienstleistungszentrum Oberland (KDZ) zum Tölzer Kurhaus kam, musste sich erst einmal testen lassen - auch dann, wenn er einen Impfausweis vorzeigen konnte. Die 2 G-plus-Regel verzögerte den Einlass dermaßen, dass die Versammlung am Ende nicht beschlussfähig war und nun in zwei Wochen noch einmal zusammenkommen muss, dann allerdings in kleiner Runde. "2021 war für alle wegen Corona ein schwieriges Jahr, und zum Jahresende ist es ein noch schwierigeres Jahr", sagte Geschäftsführer Michael Braun. "Aber für uns war es auch ein zufriedenstellendes Jahr."

Der Zweckverband, der für Kommunen im gesamten Oberland den ruhenden und den fließenden Verkehr überwacht, auch Bußgelder eintreibt und teilweise sogar das Vergabewesen übernimmt, hat derzeit 145 Mitgliedsgemeinden. Zumindest 80 Stimmen hätte man im Kurhaus benötigt, um Entscheidungen fällen zu können. Aber das würde jetzt noch bis zu einer Stunde dauern, sagte der Verbandsvorsitzende und Tölzer Bürgermeister, Ingo Mehner (CSU), eine knappe halbe Stunde nach Versammlungsbeginn, als sich der Saal des Kurhauses halbwegs füllte. Das Programm wurde gleichwohl abgearbeitet.

Die Zahl der Verfahren gegen Park- und Temposünder stieg von Oktober 2020 bis zum Oktober dieses Jahres um 88 000 auf nunmehr 408 000 an. "Das sind unheimlich viele, die wir zu bearbeiten hatten", sagte Braun. An einem Tag habe man nicht weniger als 24 000 Schreiben in einer Woche rausgeschickt, und dies bei einem "relativ schlanken Personalkörper". Was das wilde Parken von Ausflüglern am Walchensee, in Kochel und auch in der Jachenau anbelangt, kritisierte Braun die Zuständigkeiten. Die Verkehrsüberwacher von der Tölzer Flinthöhe dürften Parksünder aufschreiben, die ihr Fahrzeug mit zwei Rädern auf der Straße abgestellt haben - nicht aber jene, die ihren Wagen mit vier Rädern auf einer Wiese geparkt haben. Denn das, so Braun, sei ein Verstoß gegen den Naturschutz - und falle nicht mehr unter die Befugnis des KDZ. "Das gibt doch keinen Sinn", so der Geschäftsführer. Auf der Suche nach einer Lösung im Gespräch mit dem bayerischen Innenministerium habe sich herausgestellt, dass der Zweckverband mit der Übernahme dieser weiteren Aufgabe, die auch andere Dritte übernehmen können, umsatzsteuerpflichtig werde. Nun verhandle man mit dem bayerischen Umweltministerium, ob das Ahnden solcher Naturschutz-Verstöße nicht auf die Kommunen - und damit den Zweckverband - übertragen werden könnte, berichtete Braun.

Finanziell stehe der KDZ, der sich künftig ein wenig geschmeidiger "Zweckverband Kommunale Dienste" nennen möchte, so gut da wie niemals zuvor seit seiner Gründung vor 14 Jahren. Bis Ende Oktober erwirtschaftete der Verband einen unerwarteten Jahresüberschuss von 2,5 statt 1,6 Millionen Euro, wie der kaufmännische Leiter Stephan Prechtl sagte. "Respektabel wäre dafür der falsche Ausdruck, das ist herausragend." Dies lag vor allem daran, dass die Einnahmen aus den Tempokontrollen mit den teilstationären Anlagen unerwartet stark sprudelten - jenen schwarzen Kästen mit einem roten Kamera-Auge, die hie und da an den Straßenrändern aufgestellt sind. "Das läuft wirklich sehr gut", resümierte Prechtl.

Außerdem bekam der Zweckverband den 80-prozentigen, staatlichen Zuschuss für das bundesweite Forschungsprojekt "Saturn" in Höhe von 480 000 Euro in einer Charge und nicht in jährlichen Raten. "Saturn" soll mit digitalen Daten, etwa fürs Navi, künftig helfen, das Chaos im Ausflugsverkehr zu mildern; das Oberland ist dabei eine von drei Modellregionen in Deutschland. Eingespart hat der KDZ bei seiner neuen Informationstechnik, durch die er sich vom IT-System im Tölzer Landratsamt nunmehr abgekoppelt hat: 600 000 Euro waren dafür kalkuliert, nur 480 000 Euro wurden ausgegeben.

Im Etat 2022 sind circa 11,9 Millionen Euro an Erträgen im Ergebnishaushalt vorgesehen. Die speisen sich vor allem aus den Entgelten der Kommunen (sechs Millionen), den Verwarngeldern über die semistationären Anlagen (drei Millionen) und aus Bußgeldbescheiden (1,1 Millionen). Bei den Ausgaben von rund 10,7 Millionen Euro schlagen vor allem die Personalkosten von mehr als 6,8 Millionen Euro zu Buche. 2016 hatte der Zweckverband noch 62 Stellen für Beamte,Tarifbeschäftigte und Azubis, 2022 sind es 133 - wobei der Zuwachs im nächsten Jahr um fünf Stellen vergleichsweise moderat ausfällt. Die Investitionsrate ist mit knapp 2,74 Millionen Euro so hoch wie nie zuvor. Alleine 2,15 Millionen fließen davon in neue Messtechnik.

© SZ vom 26.11.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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