Zum Schluss nochmal in die Loisachhalle:Magier der Emergenz

Christoph Adt hat das "Philharmonische Orchester Isartal" immer wieder über sich hinauswachsen lassen. Am Samstag verabschiedet er sich in Wolfratshausen von seinen Musikern und Klassikfreunden

Von Stephanie Schwaderer, Wolfratshausen

Ruth Lackner neigt nicht zu Pathos, aber diesmal wählt die Schriftführerin des Konzertvereins Isartal (KVI) Worte in fortissimo: "Eine Ära geht zu Ende!" Christoph Adt, Dirigent und künstlerischer Leiter des KVI, wird am Samstag, 8. Dezember, zum letzten Mal als Leiter des Philharmonischen Orchesters Isartal zum Taktstock greifen. Mit Verdi, Chopin und Tschaikowsky endet in der Loisachhalle eine fast 17-jährige Zusammenarbeit, die nicht nur den Orchestermitgliedern, sondern auch vielen Klassikfreunden in der Region in guter Erinnerung bleiben dürfte.

Zum Schluss nochmal in die Loisachhalle: Christoph Adt hat das"Philharmonische Orchester Isartal" zu einem respektablen Klangkörper geformt. Kritiker und Musiker schätzen sein Vermögen, musikalische Zusammenhänge plastisch zu machen. Auf dem Bild leitet er ein Konzert in der Loisachhalle 2014.

Christoph Adt hat das"Philharmonische Orchester Isartal" zu einem respektablen Klangkörper geformt. Kritiker und Musiker schätzen sein Vermögen, musikalische Zusammenhänge plastisch zu machen. Auf dem Bild leitet er ein Konzert in der Loisachhalle 2014.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Adt hat sich als feinsinniger Künstler, vor allem aber auch als herausragender Pädagoge einen Namen gemacht. Der bekannte Musikkritiker Joachim Kaiser bescheinigte ihm einmal die Fähigkeit, "unter schwierigsten Verhältnissen seine hochmusikalischen Vorstellungen und Interpretationsabsichten mit freundlicher Beharrlichkeit" durchsetzen zu können. Auch Ruth Lackner hebt sein ausgeglichenes Wesen und seine Geduld hervor: "Er nimmt jeden Musiker des Orchesters ernst und gibt ihm das Gefühl, seiner Aufgabe gewachsen zu sein", sagt sie. Niemals in all den Jahren habe er einen einzelnen Musiker kritisiert - "ein gängiges Verhalten anderer Dirigenten, das immer Irritationen und Verletzungen hervorruft". Das Orchester habe ihm viel zu verdanken, so Lackner. "Wir lassen ihn ungern gehen."

Zum Schluss nochmal in die Loisachhalle: Christoph Adt leitet ein Kirchenkonzert 2005.

Christoph Adt leitet ein Kirchenkonzert 2005.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Seit einem Jahr ist der gebürtige Stuttgarter Präsident der Hochschule für Musik in Nürnberg. Mit der wöchentlichen Probenarbeit in Icking ließ sich sein neues Amt nicht vereinbaren. Der Konzertverein wird künftig mit Henri Bonamy zusammenarbeiten. Dieser übernimmt im Januar einen Klangkörper, der sich unter Adt deutlich verjüngt hat und zu einem symphonischen Orchester herangewachsen ist, das selbst große romantische und moderne Werke nahezu ohne Unterstützung von außen aufführen kann.

=KULTUR=

Christoph Adt bei einer Chorprobe 2003.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Immer wieder bezeugten Kritiker in den vergangenen Jahren, dass das Philharmonische Orchester, das überwiegend aus Laienmusikern besteht, unter Adts Leitung über sich hinausgewachsen sei. Ein Phänomen, das der Maestro selbst mit dem Wort "Emergenz" beschreibt. "Ein wunderschönes Geheimnis ist bei jedem Konzert, dass das Ergebnis nicht die Summe des von jedem Spieler Eingebrachten ist", erklärte er vor zwei Jahren, als der KVI sein 25-jähriges Bestehen feierte. Nach Phasen zuverlässiger Arbeit entstehe bei Konzerten vielmehr "etwas Neues, viel Wertvolleres".

Schon bei den ersten Proben, die Adt im Frühjahr 2002 leitete, waren die Musiker von seiner inspirierenden Art fasziniert. Sein Interimsvertrag - er war kurzfristig für Günther Weiss eingesprungen - wurde nach wenigen Wochen in einen festen Vertrag umgewandelt. Außenstehende könnten sich vermutlich gar nicht vorstellen, wie sehr das Orchester von der Probenarbeit mit Adt profitiere, erklärte der KVI-Vorsitzende Hans Horsmann 2016 beim Vereinsjubiläum: "Ob es die doch nicht so große Dur-Terz, der nicht so scharfe Leitton, das heftige, aber nicht brutale Sforzato, das feine und doch nicht dünne Pianissimo, das leidenschaftliche und nicht sentimentale Adagio sind, stets entdecken wir durch seine Vermittlung Neues in der Musik." Am kommenden Samstag besteht dazu in der Reihe "Klassik pur im Isartal" auch für die Gäste in der Loisachhalle noch einmal die Gelegenheit. Auf dem Programm stehen Werke von Giuseppe Verdi (Ouvertüre zu Nabucco), Frédéric Chopin (Konzert für Klavier und Orchester Nr. 2 f-moll, op. 21) und Peter Tschaikowsky (Symphonie Nr. 1 g-moll, op. 13). Solistin ist die Pianistin Dana Borşan.

Philharmonisches Orchester Isartal, Samstag, 8. Dezember, 19.30 Uhr, Loisachhalle Wolfratshausen; Karten zu 24/12 Euro über München Ticket.

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