Zum Aktionstag:Vom Quartier zum Wir

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Bund, Länder und Kommunen arbeiten seit 1971 in der Städtebauförderung zusammen, um Leben und Wohnen sozial und nachhaltig zu gestalten. Seit 2010 unterstützt der Trägerverein Jugend- und Sozialarbeit die Veränderungen in Geretsried. Der Aktionstag in der Stadt dazu wird zwar in den Herbst verlegt, doch ein Blick lohnt sich immer.

Von Paulina Porer

Geretsried - Heidelbeersträucher, Vergissmeinnicht und andere essbare Blüten, Kräuter und Gemüse schmücken die Pflanztröge am Neuen Platz in Geretsried. Kinder tollen am Springbrunnen herum, auf der anderen Seite spielen Senioren Boccia. Dass der Platz so lebendig wirkt, liegt vor allem auch am Quartiersmanagement des Trägervereins Jugend- und Sozialarbeit Geretsried. Dieser unterstützt die Stadt seit 2010 darin, die Wohn- und Lebensqualität zu erhöhen. Der Geschäftsführer des Trägervereins, Rudi Mühlhans, und seine Mitarbeiterinnen kümmern sich um Gebiete, mit denen Geretsried am Städtebauförderprogramm "Sozialer Zusammenhalt" teilnimmt. Dabei handelt es sich um ein Bund-Länder-Programm, das Kommunen seit 50 Jahren dabei unterstützt, sowohl Bauliches umzusetzen als auch das soziale Leben positiv zu beeinflussen. In diesem Jahr steht der 8. Mai im Zeichen der Städtebauförderung. Eigentlich sollen an diesem Aktionstag die Bürgerbeteiligung und die Erfolge der Förderung sichtbar gemacht werden. Coronabedingt muss das in Geretsried nun auf den 9. Oktober verschoben werden. Mühlhans zeigt trotzdem schon einmal, wo das Miteinander in der Stadt wächst und gedeiht.

Der Geschäftsführer des Trägervereins und seine Mitarbeiterinnen kümmern sich speziell um die drei Sanierungsgebiete Neuer Platz, Johannisplatz und Stein. "Alles, was sich hier in diesem Platzbereich befindet, ist quasi über die Städtebauförderung unterstützt und in den letzten Jahren umgebaut worden", erklärt Mühlhans mit Blick über den Neuen Platz. "In Geretsried gibt es bestimmte Ecken, wo man gewisse Defizite, sowohl baulicher Art als auch im sozialen Leben, hatte oder hat", sagt der 53-Jährige. In Stein zum Beispiel gab es lange Zeit keinen Platz, an dem sich Menschen außerhalb treffen konnten. In Zusammenarbeit mit der Stadt hat der Verein daraufhin den Jugendtreff Ein-Stein gegründet und über 18 Jahre lang stetig weiterentwickelt.

Es gehe darum, "dass man nicht für die Menschen, sondern mit den Menschen die Dinge im Quartier anpackt", betont der Sozialpädagoge. Dazu gibt es in jedem Quartier einen Beirat. Dieser setzt sich aus Bewohnern im jeweiligen Sanierungsgebiet, Vertretern aus dem Gewerbe und sozialen Akteuren aus beispielsweise Kirchen und Kindergärten zusammen. "Unterstützt vom Quartiersmanagement sollen sie ihren Stadtteil gemeinsam nach vorne bringen", sagt Mühlhans. In Stein plant der Verein nun ein neues Jugend- und Bürgerzentrum, während am Johannisplatz das Thema "älter werdende Gesellschaft" im Mittelpunkt steht. Dazu strebt die Stadt die Teilnahme am Förderprogramm "Selbstbestimmt leben im Alter" an, das vom Sozialministerium finanziert wird.

Der Aktionstag an diesem Samstag "war heuer wieder ähnlich geplant wie 2019, dass man eine Radltour macht und die einzelnen Plätze abfährt", erzählt Mühlhans. Zusätzlich wollte das Quartiersmanagement mit langjährigen Bewohnern der verschiedenen Sanierungsgebiete sprechen und in Stein einen Flohmarkt veranstalten. Nun soll das im Herbst nachgeholt werden, "denn es ist ein wichtiger Aktionstag, an dem man mit den Leuten und auch den Stadträten ins Gespräch kommen und vor Ort sein will", so der Geschäftsführer. Das Quartiersmanagement möchte den Städtebauförderungstag dennoch nutzen, "um seine grünen Projekte voranzutreiben", so heißt es in einer Pressemitteilung. Mühlhans findet es wichtig, dass sich auch in Geretsried für Nachhaltigkeit und Umweltschutz eingesetzt wird. "Die Gesellschaft muss sich verändern", sagt der 53-Jährige.

Im Rahmen des Förderprogramms "Stadtgrün Naturnah" entstehen schließlich in ganz Geretsried Blühwiesen. Die Mitarbeiterinnen des Quartiersmanagements kümmern sich um die Flächen innerhalb der drei Sanierungsgebiete. Und es soll noch grüner werden, denn heuer haben alle Geretsrieder die Möglichkeit, eine Patenschaft zu übernehmen. Das bedeutet: gärtnern, pflanzen und ernten. In den Pflanztrögen am Neuen Platz etwa stecken kleine Schilder auf Schaschlikspießen mit einer Aufschrift: "Ich habe eine Patenschaft! Um diesen Pflanzentrog kümmert sich jemand, gerne darfst du ernten, aber halte mich bitte sauber!" Wenn Mühlhans den Schnittlauch beim Einkaufen vergessen hat, sei das also gar kein Problem, erklärt er - "dann gehe ich kurz auf den Platz runter und hole mir einen". Angenommen werde das Angebot unterschiedlich. "Es sind nie 100 Prozent - man muss die Leute motivieren und ermutigen, aber es gibt auch sehr tatkräftige Leute, die mit eigenen Ideen kommen." Ziel sei es ja schließlich, "dass man als Quartiersmanagement begleitend dabei ist und anschiebt", bis die Leute kommen "und die Dinge auch selber weitermachen".

© SZ vom 08.05.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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