Zum 70. Geburstag von Edmund Stoiber:Vom Reservespieler zum Ministerpräsidenten

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Edmund Stoiber eroberte von Geretsried aus Bayern. Sein politischer Weitblick offenbarte sich früh.

Sabine Reithmaier

Der Weg zur Selbstverwirklichung ist lang und kurvenreich. Wolfratshausens prominenter Bürger Edmund Stoiber, der am 28. September seinen 70. Geburtstag feiert, weiß das nur zu gut. Als seine Eltern nebst 20-jährigem Sohn Anfang der sechziger Jahre von Oberaudorf nach Wolfratshausen zogen, dachte der schmächtige Jura-Student noch weniger an Politik, dafür umso mehr an Fußball.

Als seine Eltern nach Wolfratshausen zogen, dachte der Jura-Student Edmund Stoiber vor allem an Fußball. Später legte  er in der Geretsrieder CSU den Grundstein für seine politische Karriere. (Foto: dapd)

Eine Chance, seinen Ehrgeiz zu verwirklichen, bot der gerade gegründete Ballclub Farchet, der 1961 dringend nach Spielern suchte. Aber trotz aller Bemühungen als Linksaußen kam Stoiber nicht über die BCF-Reservebank hinaus. "Ich wusste immer, wie es geht, doch ich war einfach zu langsam", analysierte er später. Immerhin lernte er durch das Kicken eine gewisse Karin kennen, deren Vater die Fußballer gelegentlich zur Brotzeit einlud. Nach dem Ersten Staatsexamen wurde geheiratet. Weil sich abzeichnete, dass seine fußballerische Laufbahn nicht in die Oberliga führen würde, wandte er sich verstärkt der Politik zu.

Sein politischer Weitblick offenbarte sich früh: Er trat nämlich in die Geretsrieder und nicht in die sich ewig selbst zerfleischende Wolfratshauser CSU ein. Im Bundestagswahlkampf 1972 klebte der zielstrebige JU-Chef mit besonderer Hingabe Plakate, weshalb er die Sympathien des Geretsrieder CSU-Vorsitzenden Helmut Gänßbauer gewann. Die graue CSU-Eminenz willigte ein, für den jungen Mann aus der Nachbarschaft - Stoiber wohnte noch in Geretsried - den ersten Landtagswahlkampf zu managen, probte mit ihm die Reden und verordnete eine neue dunkle Brille.

Stoiber schaffte mit dem Slogan "zielbewusst und zuverlässig" auf Anhieb fast 62 Prozent. Und von wegen langsam: Der junge Abgeordnete hielt den Landtag mit Anträgen so sehr auf Trab, dass sich Landtagspräsident Hanauer bei Gänßbauer über den fleißigen Mann beschwerte. Der Wahlkampfchef nutzte freilich den Eifer Stoibers, der jede kleinste Beschwerde sofort bearbeitete, und verkaufte ihn 1978 und 1982 noch gezielter als "Anwalt der Bürger". Das funktionierte hervorragend, allerdings litt Stoiber etwas unter den vielen Anrufern, die sich von ihm anwaltschaftlich vertreten lassen wollte.

Die nächsten Karrierestationen nahm er ganz locker: Generalsekretär, Staatssekretär, Innenminister, Ministerpräsident. Gut, mit dem Bundeskanzler und dem Superminister klappte es nicht so, aber das tat seiner Beliebtheit im Landkreis keinen Abbruch. Er nahm sich regelmäßig Zeit, seinen Lieben zu Hause die Welt zu erklären und zu erläutern, warum weder an Reformen noch an ihm ein Weg in Bayern vorbeiführe. "In meiner Person bündeln sich alle Wünsche, die es in Bayern gibt, ich bin die letzte Instanz", sagte er 2005 auf einer CSU-Versammlung in Königsdorf.

Apropos Wünsche: Davon musste er sich viel anhören, gerade von seinen Parteifreunden. Ein bisschen mehr könne der Edmund schon tun für den Landkreis, fanden viele, egal ob es um die Verlängerung der S 7, die Konversion der Tölzer Kaserne oder sonstige Kleinigkeiten ging. Aber derlei Begehrlichkeiten fochten Stoiber nie an. Vorzugsbehandlungen gab es nie, er fühlte sich immer ganz Bayern verpflichtet. Und gerade diese Geradlinigkeit ist sicher ein Grund dafür, warum ihm heute nicht nur die CSU, sondern der ganze Landkreis zum Geburtstag gratuliert.

© SZ vom 28.09.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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