Süddeutsche Zeitung

Zukunft des Mittelzentrums:Erst die B11, dann die S7

Wenn die Bundesstraße am Karl-Lederer-Platz verlegt wird, ermöglicht das Geretsried neue Perspektiven. Nun will die Stadt mit der Entwicklung des neuen Viertels auf der Böhmwiese vorlegen.

Von Benjamin Engel

Auf der Böhmwiese herrscht am Montagmittag alles andere als Picknickwetter. Es ist kühl und regnet. Die Gruppe um den Geretsrieder Bürgermeister Michael Müller, den Bundestagsabgeordneten Alexander Radwan und den Landtagsabgeordneten Martin Bachhuber (alle CSU) stapft deshalb mit Schirmen am Kiesweg auf Höhe des Rathauses entlang. Beim sogenannten B 11-Picknick, wie die Stadt den Termin apostrophiert hat, will der Bürgermeister die Chancen der Verlegung der Bundesstraße an den Schwaigwaller Hang im Westen erläutern, die für die Verlängerung der S-Bahn nötig ist. "Das eröffnet uns eine völlig andere Struktur für die Innenstadt", sagt er. Vor dem Rathaus könne ein neuer Stadtplatz entstehen, der Durchgangsverkehr werde abgelenkt.

Doch bis es soweit ist, wird es noch dauern. Bürgermeister Müller rechnet damit, dass das Planungsfeststellungsverfahren für die Bundesstraßen-Verlegung erst 2024 abgeschlossen sein wird - und mit dem Bau begonnen werden kann. Wann die S-Bahn bis Geretsried fahren kann, ist noch offen. Doch zumindest am Mittwoch, 26. Juli, wollen Deutsche-Bahn-Vertreter die überarbeitete Planung der Streckenführung samt des 2015 beschlossenen Tunnels statt einer Schranke in Wolfratshausen vorstellen. Zu diesem Termin tagen der Kreistag sowie die Stadträte von Wolfratshausen und Geretsried in einer gemeinsamen Sondersitzung. Interessierte können zuhören, dürfen aber selbst nichts äußern. Beginn ist um 14.30 Uhr, allerdings mit erst drei nicht-öffentlichen Tagesordnungspunkten. Nach weiteren Themen soll etwa von 17 Uhr an über die S-7-Verlängerung gesprochen werden.

Noch im Frühjahr hatte der bayerische Innen- und Verkehrsminister Joachim Hermann (CSU) die Diskussion um eine Verzögerung des Projekts befeuert. In einer Mitteilung hatte er von einem "zusätzlichen Zeitbedarf von rund zweieinhalb Jahren" wegen der Umplanungen für den S-Bahn-Tunnel in Wolfratshausen gesprochen. Fest steht bisher nur, dass das Planfeststellungsverfahren für die S-Bahn-Verlängerung nicht vor dem dritten Quartal 2018 beginnen wird. Das hat die Bahn bereits vor rund zwei Monaten mitgeteilt.

Deren Vertreter begründeten dies mit den Umplanungen für den Tunnel statt einer Bahnschranke in Wolfratshausen und neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen. So haben Anwohner womöglich schon während der Bauphase Anspruch auf Lärmschutz. Zudem sehen strengere Umweltauflagen vor, dass ein ganzes Jahr lang dokumentiert werden muss, welche seltenen Tiere und Pflanzen entlang der 9,2 Kilometer langen Strecke geschädigt werden könnten. Nach bisherigem Stand kostet der Tunnel in Wolfratshausen 44 Millionen Euro. Davon übernehmen Bahn, Freistaat und Bund 27 Millionen Euro. Den Rest teilen sich die Städte Geretsried und Wolfratshausen sowie der Landkreis.

Für die gesamte S-Bahn-Verlängerung rechnet der Landtagsabgeordnete Bachhuber mit Kosten in Höhe von 170 bis 180 Millionen Euro. So äußerte er sich auf der Böhmwiese am Montag auch vor Vertretern des Staatlichen Bauamts Weilheim und Geretsrieder Stadträten. Bürgermeister Müller betonte vor allem die städtischen Entwicklungschancen.

Bis auf Höhe des Rathauses soll die B 11 vierspurig ausgebaut werden. Die Tiefgarage am Karl-Lederer-Platz werde 400 Stellplätze fassen. Damit werde die Stadtmitte wesentlich besser angebunden, sagte Müller. Weil die Straße dann auf Höhe des Rathauses bis zum Kreisverkehr mit der Staatsstraße kurz vor der Nikolauskapelle nach Westen schwenke, könne der Durchgangsverkehr besser abfließen. Die Egerlandstraße und der Karl-Lederer-Platz würden entlastet. Der Platz vor dem Rathaus könne vollkommen neu gestaltet werden. Die Anwohner am Forst können künftig mit dem Auto nur noch von Gelting aus ihre Häuser erreichen. Dazu wird die Leitenstraße ausgebaut.

Laut Müller muss die Stadt aber zuerst ihre Hausaufgaben machen und den Masterplan zur Entwicklung des neuen Stadtteils auf der Böhmwiese überarbeiten. Erst dann können schall- und umweltschutzrechtlichen Untersuchungen für die Straßenverlegung folgen und das Planfeststellungsverfahren beginnen. Im Regen auf der Böhmwiese betont Radwan gute Chancen für eine zügige Umsetzung wegen der Aufnahme der B 11-Verlegung in den Bundesverkehrswegeplan. Er und Bachhuber betonen die Bedeutung der Zweiten Stammstrecke in München. "Die S-Bahn ist nötiger denn je", sagte Bachhuber.

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SZ vom 25.07.2017
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