Zirkusauftritte:Grundsatzdebatte über Tierdressuren

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Die Stadt Geretsried lehnt ein Gastspiel des Circus Crocofant ab, weil der Zirkus wilde Tiere hält. Direktor Meise hält die Entscheidung für gesetzeswidrig.

Isabel Meixner

Die Stadt Geretsried überlegt, den Auftritt von Zirkussen mit wilden Tieren auf städtischen Plätzen einschränken. Eine Anfrage des Circus Crocofant hat die Verwaltung Mitte Dezember bereits abgelehnt, eine Entscheidung, wie künftig bei diesem Thema verfahren werden soll, fällt der Haupt- und Finanzausschuss in seiner nächsten Sitzung am Dienstag, 7. Februar - sehr zum Unmut von François Meise, dem Direktor des Circus Crocofant.

Tiere, die sich dem Willen des Menschen unterordnen: Nicht alle sind mit Dressurakten einverstanden, wie sie der Circus Crocofant in Wolfratshausen zuletzt mit Tigerdompteur Christian Walliser gezeigt hat. (Foto: Manfred Neubauer)

Er wirft Bürgermeisterin Cornelia Irmer vor, ihr Amt zu nutzen, um ihre Privatinteressen durchzusetzen: "Sie ist nicht dafür zuständig, Gewerbetätigkeit zu unterbinden. Das ist gesetzeswidrig." Tierschützer Albrecht Widmann, der seit Jahren gegen die Haltung von Tieren in Zirkussen kämpft, begrüßte die Absage dagegen: "Gratulation, Gratulation! Mehr kann ich dazu nicht sagen. Tiere gehören nicht in Gefangenschaft." Irmer war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

François Meise, dessen Zirkus sein Winterquartier in Icking bezogen hat, wirft der Stadt vor, gegen geltendes Recht zu verstoßen, wenn sie Auftritte von Zirkussen mit wilden Tieren verbiete. Schließlich würden die städtischen Plätze mit Steuergeldern finanziert. Meise hatte mit seinem Zirkus, zu dem Elefanten, Löwen, Tiger, Pferde und ab diesem Jahr Stachelschweine zählen, in den vorigen Jahren immer in Geretsried Station gemacht.

Er verweist auf einen Beschluss des Verwaltungsgerichts Chemnitz, der im Juli 2008 die Position der Zirkusse stärkte. Demnach verstößt das Verbot von wilden Tiere gegen das Grundrecht der freien Berufsausübung. Eine Gemeinde kann einem Zirkus den Auftritt nur dann untersagen, wenn es dafür ein Gesetz gibt. Das ist aber nicht der Fall. Kurz vor Weihnachten hatte der Bundesrat erst einen entsprechenden Verbotsantrag abgelehnt.

Rainer Kopnicky, in der Stadtverwaltung zuständig für die Miet- und Pachtverträge, sieht in der Chemnitzer Gerichtsentscheidung keine Signalwirkung für Geretsried: "Das ist kein Urteil, sondern die Meinung eines einzelnen Gerichts." Mehr wollte er nicht sagen mit Verweis auf die Sitzung kommende Woche, nur so viel: Die Anfrage des Circus Crocofant sei abgelehnt worden, weil der Haupt- und Finanzausschuss das Thema erst einmal behandeln müsse.

Für Tierschützer Albrecht Widmann hat die Stadt Geretsried richtig entschieden: "Die Stadt hat absolut die moralische Verpflichtung, das zu verbieten." Selbst wenn die rechtliche Frage nicht abschließend geklärt sei. Im Zweifel würde er "sämtliche dummen Gesetze" übergehen, wenn Tiere im Zirkus gequält würden, so Widmann. Seit Jahren hat der Geretsrieder immer wieder im Rathaus vorgesprochen und Unterlagen von anderen Städten geschickt, die Auftritte von Zirkussen mit Wildtieren verboten haben. Der Tierschützer hofft, dass die Haltung von Tieren in Zirkussen in Deutschland generell verboten wird, wie im Nachbarland Österreich: "Elefanten leben nicht auf kleinen Podesten im Wald."

Einmal hat Widmann sogar zwei Braunbären aus einem Zirkus in Spanien befreit. Er werde sich weiter für ein generelles Haltungsverbot von Tieren in Zirkussen einsetzen, sagt Widmann: "Wir leben immer noch in einer römischen Arena, in der Nero den Daumen hebt oder senkt. Diese Lust am Grausamen ist absolut falsch."

© SZ vom 01.02.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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