Familienunternehmen im Dauerbetrieb:Immer auf Achse: „Das ist unser Leben“

Lesezeit: 3 Min.

Viele Kinder sind mit dem Handy eifrig dabei, und die geschmückten Pferde sind natürlich ein besonders schönes Motiv. (Foto: Felicitas Amler/oh)

Circus Alfons William ist mit seinen Akrobatinnen, Dompteuren, Spaßmachern und Tieren von diesem Mittwoch an in Berg und danach in Feldafing.

Von Felicitas Amler, Münsing

Die Akrobatin ist in pinkfarbenes Licht getaucht, aus den Lautsprechern wummert Pop-Musik, kopfüber hängt die junge Frau in einem großen Gitter knapp unter dem Zeltdach und legt schwebend einen perfekten Spagat hin. Schon bei dieser ersten Nummer brandet Beifall auf. Im Publikum sind überwiegend Kinder – sehr begeisterungsfähige Kinder. Und auch wenn das gelb-blaue 500-Personen-Zelt bei Weitem nicht voll besetzt ist – für Familie William ist es ein guter erster Tag.

Alfons William ist der Chef. (Foto: Felicitas Amler/oh)

Der Circus Alfons William ist ein reines Familienunternehmen, wie sein Chef und Namensgeber betont. Zwanzig Personen gehörten dazu, vom zwei Monate alten Baby bis zu ihm, Alfons William, dem 48-Jährigen. Seine Urgroßeltern, so erzählt er, seien Gaukler gewesen, die mit der Kutsche von Markt zu Markt gezogen seien, um Balanceakte und Hochseilakrobatik zu präsentieren. Den Zirkus gebe es seit 1842. Als die ersten Wagen der Williams vor einer Woche in Münsing eintrafen, kamen sie aus Vaterstetten. Dort, so sagen der Chef und einige der Dompteure und Akrobaten, sei der Besuch längst nicht so gut gewesen wie hier in der Seegemeinde. Danach geht es weiter nach Berg, wo der Zirkus bis Sonntag, 1. September, gastiert.

Die Akrobatinnen im Circus William präsentieren Höchstleistungen. (Foto: Felicitas Amler/oh)
Kamel und Zwergpony geben ihr Bestes. (Foto: Felicitas Amler/oh)

Mehr als vierzig Tiere sind dabei. Auf den Eintrittskarten (14 Euro für Kinder, 25 Euro für einen „Logenplatz“) steht: „Ein Circus ohne Tiere wäre wie ein Himmel ohne Sterne.“ Und auch wenn längst nicht alle in der Manege antreten müssen – einige sind schon im Ruhestand –, ist doch jedes zu sehen. Denn in der Pause der fast zweistündigen Darbietungen darf das Publikum durch den Künstlereingang hinters Zelt, um die Pferde, Kamele, Dromedare und Ponys zu streicheln. Die drei Euro, die diese „Tierschau“ pro Person kostet, seien ein Obolus, der für die Fütterung der Tiere nötig sei, so wird erklärt.

Wenn Marlon Feuer gespuckt hat, riecht es anschließend im ganzen Zelt nach Benzin. (Foto: Felicitas Amler/oh)
Spaßmacher Peppino "bürstet" einigen im Publikum mit Schaufel und Besen die Haare. (Foto: Felicitas Amler/oh)

Davor und danach bietet Familie William alles auf, was Jung und Alt von einem Zirkus erwarten: Akrobatik und Jonglage, Pferdedressur und Feuerspucken, Clownerien und Bodenturnen. Auch das Publikum wird, mal freiwillig, mal überrascht, einbezogen und kassiert keineswegs nur Applaus, sondern auch schadenfrohes Gelächter. Etwa wenn Spaßmacher Peppino immer wieder gezielt jemandem einen kleinen Ball zuwirft, der nicht immer genauso gekonnt zurückgeschmettert wird. Oder wenn er mundgenau einzelnes Popcorn verteilt, um schließlich einen ganzen Haufen über ein paar Jungs auszuschütten.

Ebenso anmutig wie bravourös sind die Akrobatinnen. Ob in einem Ring, am Trapez oder auf einem Podest – immer legen sie atemberaubende Nummern hin: Knie- und Nesthang, Sitz, Stand und Spagat. Die Frauen werden als „Miss Verena“ oder „Miss Virginia“ vorgestellt. Virginia, Schwiegertochter von Alfons William, erzählt nach der Vorstellung, dass der Zirkus seine Leute selbst ausbilde und dass schon die Kleinsten gern mitmachten. Ihre dreijährige Tochter Milayn sei „schwer aus der Manege zu halten“, sagt sie lächelnd. Schon jetzt wolle sie am liebsten Luftakrobatik üben, versuche sich auch bereits am Spagat.

Dass in einem Familien-Zirkus alle irgendwie mitmachen, war auch am Ende der Vorstellung zu sehen. Da zeigten die Heranwachsenden auf einer dicken Bodenmatte, was sie draufhaben, schlugen Purzelbäume, Räder und sogar mehrere Salti hintereinander über ein Seil, das zwei von den Seiten der Matte aus schwangen.

„Es geht nur mit eigenem Personal“, sagt Alfons William auf die Frage, wie ein kleiner Zirkus heutzutage überleben kann. Der Alltag ist eng getaktet. Mittwoch bis Sonntag sind immer Vorführungen an einem Ort, dann geht’s weiter zum nächsten, drei Tage Zeit für den Aufbau und wieder fünf Vorstellungen.

Im Winter seien sie schließlich in Hard in Österreich auf dem Festplatz, sagt Virginia. Also im Winterquartier? „Nein, stationär mit unserem Weihnachtszirkus.“ Keine Pause? „Können wir uns nicht leisten.“ Ob das nicht zu anstrengend ist? „Was bleibt uns anderes übrig“, sagt die junge Akrobatin, „das ist unser Leben.“

Die nächsten Stationen sind von Mittwoch, 28. August, bis Sonntag, 1. September, in Berg und von 4. bis 8. September in Feldafing. Die Vorstellungen beginnen jeweils um 16 Uhr, sonntags um 11 Uhr (Telefon 0170/951 29 96)

www.facebook.com/circusalfonswilliam

Die Tüte Popcorn wird vor dem Zelt zu 5 Euro angeboten. (Foto: Felicitas Amler/oh)
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