Live Music Now:Yehudi Menuhins Erbe in Gaißach

Lesezeit: 2 min

Die Tuba von Florian Mayrhofer ist für die Kinder ein unterhaltsames Instrument. (Foto: Manfred Neubauer)

Die Stiftung orgnisiert regelmäßig Konzerte in der Fachklinik für chronisch kranke Kinder. Inge Rosenmüller gibt die Leitung jetzt an Ernst Johann Prinz Biron von Curland ab.

Von Petra Schneider, Gaißach

Über das Pupsgeräusch, das Florian Mayrhofer mit den Lippen formt, damit überhaupt ein Ton aus seiner Tuba kommt, müssen die Kinder furchtbar lachen. Etwa 25 Vier- bis Zwölfjährige samt Eltern sitzen am Donnerstag in der Turnhalle der Fachklinik Gaißach auf Matten und Bänken. Sie sind ein aufmerksames Publikum bei einem der kleinen Konzerte, die die Stiftung Live Music Now (LMN) seit Jahren regelmäßig in der Fachklinik organisiert. Die kleinen Zuhörer leiden unter chronischen Krankheiten: Asthma, Neurodermitis, Adipositas, Diabetes oder Darmerkrankungen. In der Gaißacher Klinik lernen sie, wie sie damit besser zurechtkommen, es gibt Sport- und Bewegungsprogramme, Ernährungsschulungen, Therapien. Oft wochenlang sind sie in Gaißach, besuchen die klinikeigene Schule - weg von ihren Freunden und dem gewohnten Umfeld. Traurig wirken sie dennoch nicht, sie haben Mutter oder Vater dabei, die Klinik ist freundlich und kindgerecht eingerichtet.

Am Donnerstag sorgt das Duo Almrausch außerdem für Abwechslung. Und so hören die kleinen Patienten gespannt zu, als die beiden jungen Musiker die Geschichte von der schönen Prinzessin erzählen, um deren Gunst Erwin I., Franz der Furchtbare, Gustav der Schreckliche, Horst der Unerschrockene und Hans der Schöne mit Polka und Walzer buhlen. Schon zum vierten Mal sind Andreas Winkler (Steirische Harmonika) und Florian Mayrhofer (Tuba) in die Gaißacher Klinik gekommen. Die beiden studierten Musiker aus Reichersbeuern und München spielen virtuos, erzählen witzig und erklären den Kindern die Instrumente.

Winkler und Mayrhofer gehören zum Pool der Stiftung Live Music Now, die der weltberühmte Geiger Yehudi Menuhin im Jahr 1977 in London gegründet hatte. "Musik heilt, Musik tröstet, Musik bringt Freude", davon war er überzeugt. Mit der Stiftung, die es seit 1992 auch in Deutschland gibt, wollte Menuhin Musik zu den Menschen bringen, die wegen ihrer Lebensumstände nicht in Konzertsäle gehen können. Und zugleich junge, begabte Musiker fördern, die am Beginn ihrer Karriere stehen. Sie werden von einer Jury aus Hochschulprofessoren ausgewählt und unterstützt, bis sie 30 Jahre alt sind. Für die Konzerte erhalten sie ein Honorar, das aus Spendengeldern finanziert wird. Etwa 130 Musikerinnen und Musiker aus zehn Nationen sind dabei, sie spielen in Krankenhäusern, Altenheimen, Hospizen, Frauenhäusern, Gefängnissen, Flüchtlingsunterkünften.

Seit 17 Jahren gibt es diese Konzerte auch in der Fachklinik Gaißach, normalerweise sechs pro Jahr. Organisiert wurden sie von Inge Rosenmüller, die seit 27 Jahren ehrenamtlich für die Stiftung arbeitet und nun aufhört. Leicht falle ihr das nicht, sagt sie am Donnerstag, denn LMN sei ein ganz toller Verein. "Wenn die kleinen Patienten mit großen Augen dasitzen und Instrumente hören, die sie noch nie gesehen oder gehört haben, ist das immer wieder schön zu beobachten", sagt Rosenmüller. Aber die schwierige Organisation der Konzerte in den vergangenen zwei Corona-Jahren mache ihr den Abschied leichter.

Johann Prinz Biron von Curland übernimmt als Nachfolger von Inge Rosenmüller die Organisation der Konzerte für Kinder in der Fachklinik Gaißach. (Foto: Manfred Neubauer)

Übernehmen wird diese Aufgabe nun Ernst Johann Prinz Biron von Curland, Gründungsmitglied und Schatzmeister von LMN. Bereits im ersten Jahr habe der Verein 79 Konzerte veranstalten können, erzählt er, inzwischen seien es 500. Neben München gebe es deutschlandweit weitere 20 Standorte. Bis zu seinem Tod im Jahr 1999 habe Yehudi Menuhin die Geschicke des Vereins persönlich begleitet. Auch zu den jährlichen Benefizkonzerten in München sei er gekommen.

Edda Weimann, medizinische Direktorin in Gaißach, freut sich, "dass die Konzerte bei uns weitergeführt werden". Auch die Kinder sind am Donnerstag mit Feuereifer dabei. Sie kichern und klatschen bei den schmissigen Volksmusikstücken, freuen sich, dass Hans der Schöne schließlich das Rennen macht und das Happy End mit einem fetzigen Rock'n' Roll gefeiert wird.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: