Süddeutsche Zeitung

"Walk of Fame":Jedes Kind findet seine Stimme

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Die zweite Plakette ehrt den Wolfratshauser Kinderchor, den Yoshihisa Kinoshita ganz ohne Drill zum einem der besten in Bayern gemacht hat. Dafür gibt es ein Feuerwerk über der Loisach.

Von Benjamin Engel, Wolfratshausen

Mit dem "Walk of Fame" orientiert sich Wolfratshausen zumindest rein begrifflich schon einmal an der Film-Metropole Los Angeles. Doch statt fast 2600 Sternen wie am Hollywood Boulevard zieren das Pflaster vor der Loisachhalle am östlichen Flussufer erst zwei Plaketten. Die jüngste für den Ruhmesweg - diesen haben der Verein Lebendige Altstadt Wolfratshausen (LAW) und die Stadt initiiert - kam am Freitagabend dazu: LAW-Vorsitzender Hans-Werner Kuhlmann, Bürgermeister Klaus Heilinglechner (BVW) und Kulturreferent Alfred Fraas (CSU) enthüllten gemeinsam mit Yoshihisa Kinoshita die neue Plakette für den Wolfratshauser Kinderchor. Den leitet der Deutsch-Japaner seit 1989 und hat diesen unter den führenden Kinderchören in Bayern und Deutschland etabliert.

Vor der Loisachhalle zeigten rund 40 junge Sänger und Sängerinnen des Chores zur Plakettenenthüllung am provisorischen Standort ihr Können. Denn eigentlich soll der "Walk of Fame" am westlichen Loisachufer entstehen, doch die dort geplante Umgestaltung wird noch diskutiert. Bürgermeister Heilinglechner mochte das kaum negativ sehen. So schlecht sei der Platz mit den vielen vorbeikommenden Passanten nicht, sagte er und lobte die Leistung von Kinoshita. Denn der habe den Kinderchor bis nach Japan bekannt gemacht. Es sei eine Freude zu sehen, mit welcher Begeisterung die jungen Sänger bei der Sache seien. Mit der Plakette wolle die Stadt außergewöhnliche Leistungen für Wolfratshausen prämieren. Die Jury habe sich einstimmig für den Kinderchor entschieden.

Kinoshita bedankte sich für die Ehre, den Preis stellvertretend für die Kinder und Jugendlichen im Chor entgegennehmen zu dürfen. Die Wertschätzung sei für ihn etwas Besonderes.

Denn die musisch-ästhetische Bildung wie im Kinderchor stehe in den Schulen nicht an erster Stelle. Doch sei gerade dies immer wichtiger für die Gesellschaft. Denn miteinander zu singen zähle zu den besten Methoden, um Empathie für andere zu üben. Jeder Mensch werde mit Empathie geboren. Doch trainiere er diese nicht, verkümmere sie. Gerade die jetzige Generation im Chor bewundere er, sagte Kinoshita. Denn nach den G-8-Reformen sei der Druck gewachsen. Das wirke sich auch auf den Chor aus, für den er schwieriger neue Sänger gewinnen könne. Doch das Singen könne den jungen Leuten etwas geben, was ihnen guttue. Das merke er an ihrer Begeisterung.

Kulturreferent Fraas würdigte Kinoshita. Dessen großes Verdienst sei es, seit mehr als einem Vierteljahrhundert immer wieder neue Stimmen zu entdecken und für den Gesang zu begeistern - und das ganz ohne Drill. Im Chor finde jedes Kind seine Stimme. Ihnen werde bewusst, dass jeder einzelne zur Harmonie beitrage. Und ganz nebenbei lernten die Kinder, wie wichtig es sei, sich auf den anderen verlassen zu können. Zudem erinnerte Fraas an die Auftrittsorte des Chores in ganz Deutschland bis hin nach Dublin und bis Japan. Zu Live-Aufführungen des Fantasy-Epos "Herr der Ringe" tritt der Wolfratshauser Kinderchor der Musikschule gemeinsam mit den Münchner Symphonikern auf. 1998 und 2006 gewannen die jungen Sängerinnen und Sänger aus Wolfratshausen den deutschen Chorwettbewerb in der Kategorie Kinderchöre. Mehrmals schafften sie es auf bayerischer Ebene an die Spitze. Mit "Gulla mille gullala bena" von Wolfram Buchenberg erhielt der Chor beim Internationalen Wettbewerb in Riva del Garda 2004 einen Sonderpreis.

Der 13-jährigen Münsingerin Maya, seit zwei Jahren im Wolfratshauser Kinderchor aktiv, macht das Singen einfach Freude. Schon immer wollte sie gerne singen, erzählt sie. Auch ihre Schwester mache ihm Chor mit. Musikschulleiter Manfred Heller hob hervor, dass im gemeinsamen Singen das Zusammengehörigkeitsgefühl und die Fähigkeit zur Empathie gefördert werde. Zum Abschluss stiegen von der Alten Floßlände Raketen in die Luft. Alfred Fraas hatte das Feuerwerk vorbereitet, der Förderverein der städtischen Musikschule an der Finanzierung mitgeholfen.

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Quelle:
SZ vom 17.10.2016
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