Süddeutsche Zeitung

Wolfratshauser Gastroszene:Schokoladenmacher wird herzhaft

Lesezeit: 3 min

Georg Bernhofer will im Sommer eine Brasserie eröffnen - und so gegen die gastronomische Flaute in Wolfratshausen ankämpfen.

Von Marie Heßlinger, Wolfratshausen

Der Brückenwirt, das Rathauscafé, das Restaurant Musto's - alle haben eines gemeinsam: Sie sind zu oder schon länger verwaist. Gastronomisch erlebt Wolfratshausen derzeit keine goldenen Zeiten, vor allem nicht in der Innenstadt. Umso mehr dürfte sich so mancher Stadtbummler freuen, dass 2020 etwas Neues aufmachen soll: Georg Bernhofer, Chocolatier des Schokoladengeschäfts am Obermarkt, will der gastronomischen Flaute etwas entgegensetzen und im Sommer in der Altstadt ein Café eröffnen.

Bernhofer hat dafür schon einen Testlauf unternommen. Unten im Gläschen Mousse au Chocolat, darüber eine Schicht Panna Cotta, darüber ein Kompott aus Waldbeeren. Oder Kürbiscremesuppe mit nussigen Kakaonips. Köstlichkeiten wie diese hat Bernhofer im vergangenen Jahr seinen ahnungslosen Kunden zum Probieren gegeben. Jetzt verrät er: "Das waren alles Tests für das neue Café."

Bernhofer sitzt in einem silbrig-grauen Ohrensessel. Es ist einer der ersten Januartage. Im Schaufenster funkeln noch die Weihnachtsbäumchen. Die Tür zu seinem Laden hat er für das Gespräch abgeschlossen. "Es macht mir jetzt schon Spaß, mir vorzustellen, wie das Café eingerichtet wird - von den Farben und vom Stil her", sagt er. Er wirkt etwas angestrengt - zwischen den Jahren hatte sein Schokoladengeschäft geöffnet. Aber er lächelt wie jemand, der glücklich ist mit dem, was er tut.

Nach dem Abitur bekam Bernhofer einen der wenigen, begehrten Ausbildungsplätze bei Lindt und Sprüngli. "In der 13. Klasse habe ich mich im Internet schlau gemacht", erzählt er. "Da gab es die Nugatabteilung, die Krokantabteilung.", zählt er mit einem verwegenen Lächeln auf. "Ich wusste nie, dass man sich so spezialisieren kann." Der gebürtige Weilheimer bewarb sich bei dem Schokoladenkonzern. Zwei Wochen später hatte er eine Zusage.

Im Frühjahr 2017 schaute sich die "Fachkraft für Süßwarentechnik mit Fachrichtung Konfekt" - so heißt seine Berufsbezeichnung offiziell - zum ersten Mal Wolfratshausen an. Ein Jahr lang hatte Bernhofer nach einem geeigneten Standort für ein eigenes Geschäft gesucht, von Tutzing, über Fürstenfeldbruck bis nach Haidhausen und ins Münchner Glockenbachviertel. Doch ob Grundriss, Mietvertrag oder gesetzliche Auflagen - es gab immer etwas, das nicht stimmte. "Hier hat alles gepasst", erinnert sich Bernhofer an seine Ankunft in Wolfratshausen. "Ich war echt angetan von den Häuschen, den Fassaden, der Brücke und dem Fluss, der hier durchführt." Er fügt hinzu: "Ich finde das halt extrem malerisch."

Dass er in Wolfratshausen mit seiner Schokoladenmanufaktur richtig ist, dieses Gefühl geben dem Chocolatier auch die Pralinenkäufer. "In diesem Sommer haben uns Kunden gehäuft angesprochen: Ja, warum machen Sie denn kein Café auf?", sagt er. Bernhofer hatte große Lust der Aufforderung zu folgen, aber leicht gefallen sei ihm die Entscheidung nicht. Zu viele andere Gastronomen hatten es in Wolfratshausen schwer. "Wir haben abgewogen, Listen geschrieben, überlegt: Was spricht dafür und was dagegen?", erinnert sich Bernhofer an den vergangenen Sommer. Am Ende habe er auf sein Bauchgefühl vertraut. "So eine Chance bekomme ich nie wieder", sagt er - und fügt hinzu: "Ich habe Lust, auch mal etwas Herzhaftes zu machen." Er sei nicht alleine auf das süße Schokoladengeschäft beschränkt.

Im neuen Café soll es also vorwiegend herzhafte Speisen geben. Doch kann ein Schokoladenmacher überhaupt salzig? Bei seinen Pralinen zumindest wählt Bernhofer gerne ungewöhnliche Kombinationen aus süß und würzig. Wie die Praline aus Nugat und Kürbiskernöl, die nach einem Urlaub in der Steiermark entstanden ist. Vor zehn Jahren überzeugte Bernhofer zudem die Jury der Fernsehshow "Küchenschlacht" mit einem Rösti mit Geschnetzeltem in Rahmsoße.

Ganz so deftig wird es in dem neuen Café vermutlich nicht zugehen. Salate im Glas und Quiches sollen in der Vitrine stehen, vielleicht auch selbstgemachte Strudel oder Croissants. Ideen für das Café sammelte Bernhofer bei seinen Reisen nach Luxemburg und Frankreich. Das Café soll eine Brasserie werden, ein französisches Bistro. Wer in Wolfratshausen arbeitet, soll sich in seiner Mittagspause ein Déjeuner im Pfandglas mitnehmen können.

Damit das funktioniert, hat Bernhofer schon im vergangenen Jahr nach neuen Mitarbeitern gesucht, die für ihn Pralinen verpacken und in der Brasserie kellnern werden. Fortan wird er zwischen seinen beiden Arbeitsplätzen hin- und herwechseln. Weil es in der neuen Brasserie mehr Platz gibt, wird der Schokoladenmeister aufwendigere Chocolatier-Arbeiten wie das Rösten von Kakaobohnen in der neuen Küche vornehmen.

Wo genau die Brasserie eröffnen wird, will Bernhofer derzeit noch nicht verraten. Nur so viel: Es wird in der Altstadt sein, fußläufig entfernt vom Schokoladengeschäft. Und weil Bernhofer extra betont, dass er sich nicht für das Rathauscafé beworben hat, bleibt eigentlich nur das Wirth-Haus am Ende der Marktstraße. Der Pachtvertrag der dortigen Tagesbar läuft in wenigen Monaten aus und wird nicht verlängert. Noch will Bernhofer das Geheimnis aber nicht lüften.

Das Datum für die Eröffnung des Bistros steht auch noch nicht fest. "Aber der Plan ist, vor dem Bürgerfest am 4. Juli aufzumachen", sagt Bernhofer. Seine Schokoladenmanufaktur wird nun bis Anfang Februar geschlossen bleiben. Bernhofer muss neue Schokolade machen, für den Valentinstag und für Ostern. Und nebenbei wird er sich überlegen, was genau auf der neuen Speisekarte für die Brasserie stehen soll.

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SZ vom 09.01.2020
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