Wolfratshauser Bauausschuss:Seltsame Weltsicht

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Die Entscheidung des Gremiums ist nicht nachvollziehbar und könnte böse enden.

Von Wolfgang Schäl

Wohl wahr: Das Leben ist gefährlich, und Bedrohungen lauern allenthalben, besonders für Kinder. Denn die, da hat der Wolfratshauser Grünen-Stadtrat Hans Schmidt recht, sind in ihrer Spontanität oft unberechenbar. Dass Eltern auf ihren wepsigen Nachwuchs deshalb höllisch aufpassen müssen, versteht sich von selbst. Aber auch Eltern sind keine Übermenschen, und eine totale Überwachung in jeder Sekunde des Tages ist völlig unmöglich. Das gilt besonders für den stark frequentierten Uferweg an der Loisach, auf dem Fußgänger, Radfahrer, Skater, Senioren mit Gehwägelchen und ja, eben kleine Kinder mit ihren Tretrollern und Bobbycars unterwegs sind.

Das zwingt bei aller gebotenen Rücksicht immer wieder zu Ausweichmanövern unmittelbar am Rand der steilen Böschung. Wer auf der Strecke oft unterwegs ist, weiß das nur zu gut. Dass bislang alle Beinahe-Unfälle glimpflich ausgegangen sind, ist keine Garantie dafür, dass das immer so bleibt. Und deshalb ist die Stadt auch nicht von der Verpflichtung befreit, das zu tun, was sie - zumindest mit geringem Aufwand - tun kann.

Ein 35 Meter langes Holzgeländer bedeutet eine überschaubare Investition, mit dem eine Stadt zum Schutz ihres kostbarsten Schatzes beitragen könnte: ihrer Kinder. Man möchte deshalb nicht in der Haut eines jener acht sparsamen Stadträte stecken, wenn ein Unfall irgendwann böse endet. Dann wäre die Betroffenheit groß und das Geländer vermutlich sehr schnell da. Ziemlich despektierlich ist übrigens Fritz Schnallers These, dass es nicht Sache der Stadt sei, wenn ein Besoffener ins Wasser fällt. Eine schöne Weltsicht ist das.

Ist jemand, der sich, aus welchen Gründen auch immer, betrinkt, nicht mehr schutzbedürftig? Aber auch rein logisch lässt sich die Entscheidung der Stadträte nicht nachvollziehen: Wenn das Geländer so verzichtbar ist, warum ist dann der andere, zum Japanischen Garten hin gelegene Teil beplankt? Vollends absurd schließlich ist der Einwand, dass man das Geländer im Falle einer Umgestaltung des westlichen Loisachufers ja wieder abreißen müsste. Das Projekt zieht sich seit vier Jahrzehnten, geschehen ist bislang nichts.

© SZ vom 16.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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