Klimaschutz:"Es ist ein Signal, dass wir nun gemeinsam anpacken"

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Die Stadt Wolfratshausen tritt mit "WOR4Future" ins Gespräch. Hier die Vertreter Susann Fuchs, Jan Reiners, Kirsten Vogler, David von Westphalen und Maren Reiners (v. l. n. r.). (Foto: Hartmut Pöstges)

Die Stadt Wolfratshausen und das Klimabündnis "WOR4Future" veranstalten eine gemeinsame Podiumsdiskussion. Ziel war es, Bürgerinnen und Bürger zum Thema "Energie- und Wärmewende" zu informieren.

Von Sophia Coper, Wolfratshausen

Draußen vor der Tür kann man kleine Solarspielzeuge bauen und die faszinierte Kinderschar um den Tisch herum jauchzt, als die Sonne die Basteleien in Bewegung bringt. Drinnen in der Loisachhalle füllen sich langsam die Stuhlreihen, dann beginnt die erste gemeinsame Veranstaltung der Stadt Wolfratshausen und des Klimabündnisses "WOR4Future" zum Thema "Energie- und Wärmewende".

"Wir möchten zeigen, dass Klimaschutz nicht meckern bedeutet, sondern etwas sehr positives sein kann", sagt Susann Fuchs, die für "WOR4Future" das Event mitorganisiert hat. Der 2019 gegründete informelle Zusammenschluss aus Bürgerinnen und Bürgern hatte monatelang vor dem Stadtrat in Wolfratshausen für Klimabelange protestiert, dieser Abend kann nun als versöhnender Annäherungsversuch gedeutet werden.

Ziel der Veranstaltung war es, für interessierte Wolfratshauser erste Anhalts- und Orientierungspunkte hinsichtlich der Energiewende zu bieten. Einige im Publikum haben noch nie etwas von "WOR4Future" gehört. "Aber ich besitze ein Haus", erzählt eine ältere Dame, "an dem die nächsten Jahre etwas gemacht werden muss." Sie erhoffe sich Informationen, was sie von der Stadt zu erwarten habe. Eine andere pflichtet ihr bei: "Muss ich selbst aktiv werden oder kommt von der Stadt etwas? Mir geht es um Planungssicherheit."

Heilinglechner: Wolfratshausen tritt bei der Energie- und Wärmewende auf der Stelle

Der Andrang in der Loisachhalle ist groß. Rund 90 Menschen haben Platz genommen, trotz nachträglich gebrachter Stühle ist für manche nur ein Stehtisch zum Anlehnen übrig. Nach einer kurzen Begrüßung beginnt Günter Mögele, Zweiter Bürgermeister im Oberallgäuer Wildpoldsried, mit dem ersten Vortrag. Das mehrfach mit dem "European Energy Award" ausgezeichnete Wildpoldsried gilt als Vorzeigebeispiel für eine gelungene Energie- und Wärmewende. Seit mehr als 20 Jahren investiert das Dorf in den Ausbau von erneuerbaren Energien, "und das, obwohl wir keinen grünen, sondern einen sehr konservativen Gemeinderat aus ausschließlich CSU und Freien Wählern haben", sagt Mögele lachend. Stolz zeigt er auf, wie die Dorfgemeinde mittlerweile nicht nur autark lebt, sondern durch die Einspeisung von überschüssigem Strom in das Netz auch kräftig daran verdient. Mögele warnt indes vor Verallgemeinerungen: "Unsere Erfahrungen sind nicht eins zu eins auf Wolfratshausen übertragbar. Jede Gemeinde hat unterschiedliche Voraussetzungen."

Danach ist Andreas Scharli an der Reihe. Der gelernte Heizungsbauer vertritt die Bürgerstiftung Energiewende Oberland, die unter anderem den Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen berät. Scharli weist auf große Lücken in Wolfratshausen hin, der Strommix komme bislang nur zu 15 Prozent aus erneuerbaren Energien: "Da haben wir noch einiges vor uns." Neben der Stadt nimmt er jedoch auch jeden einzelnen in die Pflicht. "Ohne Einsparungen wird es nicht gehen", konstatiert er und fordert im gleichen Atemzug den Techniker auf, doch bitte das Licht in der ohnehin schon hellen Halle auszumachen.

Klaus Heilinglechner, Bürgermeister der Stadt Wolfratshausen, gab sich selbstkritisch. (Foto: Hartmut Pöstges)

Im Anschluss treten auch Bürgermeister Klaus Heilinglechner und eine Vertreterin der Energiegenossenschaft Fünfseenland auf die Bühne. Angeleitet durch den Sprecher von "WOR4Future", Jan Reiners, stehen die unterschiedlichen Vertreter dem Publikum Rede und Antwort, die Stuhlreihen sind trotz eines deutlich überzogenen Zeitplans immer noch voll besetzt. Heilinglechner gibt sich einsichtig: "Wir müssen uns auf die Fahne schreiben, dass auf der Stelle getreten wird. Wir waren im ganzen Bereich zu träge." Später abseits der Bühne findet er ähnliche Worte: "In der Vergangenheit wurden zwar Akzente gesetzt, doch wir sind definitiv keine Vorreiter. Es gibt einiges an Hausaufgaben zu machen."

WOR4Future-Sprecher Reiners: "Allen ist klar, dass es eine Wende geben muss"

Zurück auf dem Podium wünscht er sich vor allem Entlastungen seitens der Landesregierung: "Wenn der Ausbau von erneuerbaren Energien gefordert wird, muss man uns den Weg dahin erleichtern. Wir werden überreguliert." Obgleich er scharf auf den Vorwurf eines Bürgers, nur auf andere zu verweisen, reagiert, erhält er sogleich Unterstützung von den Mitreferenten. "Kommunen oder Gemeinden haben weitaus mehr Vorgaben als ein Zusammenschluss von Bürgern", springt ihm Andreas Scharli zur Seite. "Wenn Sie die Möglichkeit haben, es allein zu schaffen, ergreifen Sie sie." Eine Photovoltaik-Anlage auf dem eigenen Dach sei ein erster Anfang.

Dennoch kommen immer wieder Nachfragen nach einem groben Zeitplan seitens der Stadt. Niemand möchte sich eine Wärmepumpe anschaffen, wenn kurz darauf ein Fernwärmenetz installiert wird. Heilinglechner bittet um Geduld, gemeinsam mit der Energiewende Oberland sei man gerade dabei, eine Bestandsaufnahme zu machen und Konzepte auszuarbeiten.

Um 20.30 Uhr ist das Licht in der Halle wieder an und die untergehende Sonne lässt die Solarbasteleien anfangen zu schwächeln. Jan Reiners ist zufrieden mit dem Verlauf der vergangenen Stunden. "Allen ist klar, dass es eine Wende geben muss. Die tollen Impulse heute haben gezeigt, wie wichtig es ist, dabei zu bleiben." Vor allem über die zahlreichen Stadträte im Publikum habe er sich gefreut. "Es ist ein Signal, dass wir nun gemeinsam anpacken."

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