Süddeutsche Zeitung

Wolfratshausen:"Wir müssten ganz von vorn anfangen"

Nach der Kostenexplosion bei der geplanten Schulerweiterung in Wolfratshausen hat Stadtrat Alfred Fraas eine eigene Planung vorgelegt. Laut Bürgermeister und Schulentwicklungsreferent ist sie aber keine Alternative.

Von Konstantin Kaip

Die Sanierung und Erweiterung der Grund- und Mittelschule am Hammerschmiedweg ist das größte Bauprojekt, das Wolfratshausen vor sich hat. Klar ist aber, dass sich der Stadtrat auf Einsparungen einigen muss. Denn die zuletzt geschätzten Kosten von 60 Millionen Euro für die moderne Schule mit allen Wunschmodulen kann sich die Kommune nicht leisten. Wie man sie günstiger machen soll, darüber gehen die Meinungen allerdings auseinander. Denn neben den Einsparvorschlägen des beauftragten Architekturbüros liegt auch eine Planung auf dem Tisch, die der CSU-Stadtrat Alfred Fraas kurzerhand selbst entworfen hat. Sie soll - samt Lehrschwimmbad, Garage und Turnhalle - auf weniger als 30 Millionen Euro kommen. Diese Planung sei aber keine echte Alternative, betonen Bürgermeister Klaus Heilinglechner (BVW), Schulentwicklungsreferent Fritz Meixner (SPD) und Mitarbeiter des städtischen Bauamts nun unisono. Fraas' Entwurf gehe "von ganz anderen Grundlagen aus", sagte Meixner. "Er beruht nicht auf dem, was bisher beschlossen wurde."

Man habe den Pressetermin einberufen, um den Sachstand zu erläutern und dies zu verdeutlichen, sagte Bürgermeister Heilinglechner am Montag. So sei der zentrale Mittelschulstandort, der laut der vom Stadtrat 2016 beschlossenen Variante aus dem Schulentwicklungskonzept am Hammerschmiedweg entstehen soll, mit Fraas' Konzept nicht machbar. Vorgesehen ist eine dreizügige Mittelschule mit Fach- und Zusatzräumen, in der auch die derzeitigen Klassen aus Waldram integriert werden, dort soll im Gegenzug eine Ganztagsgrundschule entstehen. Fraas habe dies nicht berücksichtigt und nur 28 Klassenzimmer geplant, der Entwurf des beauftragten Architekturbüros "karlundp" sehe hingegen 36 Klassenzimmer vor.

"Es liegt ein sehr detaillierter und durchdachter Entwurf auf dem Tisch", sagte Meixner zur Arbeit von "karlundp". Die Architekten hätten "das geplant, was der Stadtrat beschlossen hat" - und zwar in Absprache mit den Nutzern. Schulleitung, Lehrerkollegium, Elternbeirat und Schulamt seien in die Planungen mit einbezogen worden, für das Lehrschwimmbad auch die Ortsgruppe der DLRG, erklärte Thomas Wenig vom Bauamt. "Es gab haufenweise Abstimmungsgespräche und auch Workshops."

Vorige Woche sollte der Stadtrat eigentlich beschließen, bei welchen Modulen gespart wird: Laut Sitzungsvorlage könnte man auf Tiefgarage (2,8 Millionen Euro), Lehrschwimmbad (3,9 Millionen Euro) und Aula-Neubau (2,8 Millionen Euro) verzichten, zudem könnten unter anderem eine alternative Fassade (minus 1,3 Millionen) und eine nur halb geöffnete, unbeheizte Eingangshalle (minus 1,4 Millionen) die Kosten senken. Zu einem Beschluss kam es indes nicht. Altbürgermeister Erich Brockard hatte die Planung angefochten, da sie einen Bruch des Eingemeindungsvertrags mit Weidach darstelle, der den Erhalt der dortigen Grundschule samt Lehrschwimmbad festschreibe. Die rechtliche Prüfung des Einwands beim Landratsamt ist laut Heilinglechner noch nicht abgeschlossen. Sollte er Bestand haben, müsste die Stadt die marode Weidacher Grundschule für etwa 4,1 Millionen Euro sanieren. Moderner Unterricht mit Zusatzräumen könne dort dann aber nicht stattfinden, sagte Heilinglechner. Auch deshalb sei vorgesehen, die vier Klassen aus Weidach künftig am Hammerschmiedweg zu integrieren, erklärte Meixner. Eine Sanierung des Schwimmbads in Weidach würde rund 2,5 Millionen Euro kosten.

Heilinglechner hofft, dass die Frage bald geklärt ist und der Stadtrat noch im November die Einsparungen wie geplant beschließen kann. Auch mit den von den Architekten vorgeschlagenen Kürzungen, betonten er und Meixner, könne am Hammerschmiedweg eine moderne, zukunftsfähige Schule entstehen.

Fraas drängt indes auf eine Prüfung seines Entwurfs. Die komme aber nur in Frage, wenn der Stadtrat beschließe, die bisherige Planung nicht mehr weiterzuverfolgen, für die man bereits mehr als 700 000 Euro ausgegeben habe, sagte Heilinglechner. "Dann müssten wir ganz von vorn anfangen." Der Auftrag müsste neu ausgeschrieben werden. "Eigentlich müssten dann alle Grundlagen, die der Stadtrat beschlossen hat, und auch das Schulentwicklungskonzept neu überdacht werden", sagte Meixner. Laut Wenig würde das etwa eineinhalb Jahre Verzögerung bedeuten. Wegen der prognostizierten Schülerzahlen, sagte Heilinglechner, komme man dann nicht um die Interimscontainer herum, auf die man wegen der Kosten von mehr als fünf Millionen Euro verzichten wollte.

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SZ vom 20.10.2020/aip
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