Die Penzberger Künstlerin Susanne Hanus hat mit ihren „Verstrickungen“ schon an allerlei Orten im In-und Ausland Aufsehen erregt. Seit Anfang Mai sind ihre farbigen Wollfäden, mit denen sie Straßen, Plätze oder Bushaltestellen in kunstvollem Geflecht überzieht, auch im und um den Erinnerungsort Badehaus in Waldram zu bewundern. Ein „großartiges Kunstwerk, das kongenial zur Geschichte des Badehauses passt“, sagt die Leiterin des Betreibervereins Sybille Krafft. Schließlich erzähle der Erinnerungsort ja auch „eine Geschichte vielfacher Verstrickungen von der Nazi-Zeit bis heute“.
Schon wenige Tage nach der Ausstellungseröffnung wurden Krafft und ihr Verein jedoch angeschrieben, was es denn mit den roten Wollfäden auf sich habe, die sich auch an einer Ecke des Hauses an einer Straßenlaterne über dem Gehweg zu einem Netz verstricken. Polizei und städtisches Ordnungsamt hätten wissen wollen, ob das Kunst sei, erzählt die Historikerin mit einem Schmunzeln. Die Frage, die Anfang Mai, kurz nach der Freinacht, in Oberbayern nicht unbedingt unberechtigt ist, habe sie bejaht, sagt Krafft. „Wir haben gleich erklärt, dass es eine Kunstaktion auf unserem Grund ist.“ Die Straßenlaterne gehört jedoch, das hat sich inzwischen herausgestellt, den Bayernwerken. Dass man die nicht um Erlaubnis gefragt habe, sei „unser Versäumnis“, entschuldigt sich Krafft.
Das Ordnungsamt habe daraufhin per E-Mail Bedenken geäußert, dass das über den Gehweg gespannte Wollnetz unfallträchtig sei. Der Aufforderung, es abzubauen, sei man allerdings nach einem Selbstversuch nicht nachgekommen, sagt Krafft. „Wir haben uns in die Verstrickungen fallen lassen“, berichtet sie. „Es ist nichts passiert.“ Zudem seien die roten Fäden ja gut sichtbar, und die Laterne leuchte nachts. Auch habe es bislang von Passanten oder Anwohnern keine einzige Beanstandung gegeben. Weil die Stadt aber dringend angeraten habe, zumindest auf die potenzielle Gefahrenstelle hinzuweisen, habe man sich mit der Künstlerin zusammengesetzt. Hanus hat daraufhin täuschend echte Verkehrsschilder anfertigen lassen, mit dem Zusatz „Achtung Verstrickungsgefahr“. Nach wochenlanger Lieferzeit wurden sie Ende vergangener Woche aufgestellt, sicherheitshalber eines in jeder Richtung.
Das rief aber wiederum die Polizei auf den Plan. Die stellte fest, dass die dreieckigen Schilder Gefahrenzeichen seien, die den Verkehrsfluss beeinträchtigen könnten, weil Autofahrer, die sie sehen, ihre Geschwindigkeit anpassen müssten. Aufstellen lassen dürften sie nur die Straßenverkehrsbehörden. Der Wolfratshauser Polizeichef Andreas Czerweny ist in der Angelegenheit inzwischen etwas kurz angebunden, weil sein Telefon wegen der „Verstrickungen“ nicht stillsteht. „Kurze Rede, kurzer Sinn: Der Bauhof hat das Kunstwerk heute um 7.45 Uhr so abgesichert, dass nichts mehr passieren kann“, sagte er am Freitag. Die Schilder hätten als ordnungsgemäße Verkehrsschilder anders positioniert werden müssen, erklärt der Leiter des städtischen Ordnungsamts Hubert Bernwieser dazu. Sie seien jedoch als Kunstwerk zu sehen, das ein anderes Kunstwerk absichere. Um das klarzumachen, habe man zwei Barken aufstellen lassen, die wiederum die ganze Installation absichern sollen. „Das war die einfachste Lösung“, sagt Bernwieser. Inzwischen hätten Bürgermeister Klaus Heilinglechner und Krafft jedoch vereinbart, sowohl die Schilder als auch die Absperr-Barken wieder abzubauen. „Dann ist alles wieder, wie es vorher war.“
Krafft sieht die ganze Angelegenheit „mit einem Augenzwinkern“, wie sie sagt. „Wir freuen uns natürlich auch, dass dadurch das Kunstwerk so eine öffentliche Aufmerksamkeit erfährt.“ Sie könne jedem nur empfehlen, sich auch die „wirklich großartige Verstrickung“ anzuschauen, die Hanus im Föhrenhof und im Inneren des Museums um den Leiterwagen der Heimatvertriebenen gespannt hat. „Das ist auf jeden Fall einen Besuch wert.“