Kommentar:Das Kind braucht Geld

Glück- und Segenswünsche zum zehnjährigen Bestehen des Badehaus-Vereins sind gut und schön. Aber damit allein lässt sich das Projekt nicht erhalten.

Von Stephanie Schwaderer, Wolfratshausen

Ein gelungenes Fest, ein strahlendes Geburtstagskind - aber der Geschenketisch blieb leer. Und so schwingt beim Festakt zum zehnjährigen Bestehen des Badehausvereins trotz Jubel, Stolz und Freude noch ein anderes Gefühl mit: Enttäuschung. Auch zehn Jahre, nachdem ein Häuflein entschlossener Bürgerinnen und Bürger sich aufgemacht hat, "ein kleines Wunder" (Sybille Krafft) zu vollbringen, speist sich dieses Wunder vor allem aus ehrenamtlichem Engagement. 44 949 Stunden hat die "Badehaus-Familie", so nennen sich die Aktiven, bislang offiziell abgeleistet. Tatsächlich dürften es noch weitaus mehr sein. Klar ist, mit keinem Geld der Welt lässt sich erkaufen, was Alt und Jung in Waldram Hand in Hand aufgebaut haben und mit Leben füllen. Das Haus ist schön geworden, es hat Inhalte und es hat Herz, das spürt jeder, der über die Schwelle tritt. Es hat eine Kraft, die gerade auch junge Leute begeistert. Erinnerungsarbeit, das beweisen sie eindrücklich, ist nicht nur etwas für Omis und Opis. Sie ist brandaktuell, eine Grundlage für die Gestaltung eines lebenswerten Miteinanders.

Klar ist aber auch, dass das Projekt ohne Grundfinanzierung auf wackeligen Füßen steht. Studenten, die jetzt ihre Freizeit opfern, um Anträge zu schreiben oder die Buchhaltung zu führen, werden sich irgendwann darauf konzentrieren müssen, ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Und selbst dem stärksten Zugpferd geht einmal die Puste aus. Wie wichtig ein solcher Lern- und Begegnungsort in Zeiten ist, in denen Rassismus und Antisemitismus auf erschreckende Weise erstarken, haben am Sonntag alle Redner in ihren Ansprachen betont. Bleibt zu wünschen, dass sie sich in den kommenden Tagen, Wochen und Monaten an ihre Versprechen erinnern werden und sich in ihrem politischen Umfeld - von der kommunalen bis zur Bundesebene - entschlossen für eine Förderung des einzigartigen Projekts stark machen. Kinder kosten Geld. Aber ohne Kinder keine Zukunft.

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