Süddeutsche Zeitung

Wolfratshauser Stadtpolitik:"Schlüsselprojekt" für ein lebendiges Zentrum

Bayerns Verkehrsministerin Kerstin Schreyer inspiziert die Baustelle im Untermarkt 10. Dort sollen das Heimatmuseum, eine Tourist-Info und ein Laden einziehen.

Von Wolfgang Schäl

Herunterhängende Kabel, aufgerissene Holzböden, allerlei gestapeltes Baumaterial und noch nicht angeschlossene Heizkörper - es gibt noch eine Menge zu tun am Untermarkt 10, der exponiertesten städtischen Immobilie, die für jahrelange Diskussionen im Wolfratshauser Rathaus gesorgt hat und bis Herbst 2022 endlich fertig saniert sein soll.

Das denkmalgeschützte Gebäude, in dem einst das königliche Landgericht residierte, soll bis dahin das neu konzipierte Heimatmuseum, eine Tourist-Info, einen Multifunktionsraum und eine Ladeneinheit beherbergen. Vom Fortschritt der Bauarbeiten überzeugte sich bei einem Rundgang durch die ungemütlich kühlen Räume jetzt eine Delegation aus Stadträten, Kommunalpolitikern und Vertretern der mit der Bauabwicklung beauftragten städtischen Baugesellschaft Stäwo, außerdem Landrat Josef Niedermaier (FW) und ein besonders umworbener Gast, der sich vor der Besichtigung sogar ins Goldene Buch der Stadt eintragen durfte: Kerstin Schreyer (CSU), Bayerns Staatsministerin für Wohnen, Bau und Verkehr. Sie hatte nämlich etwas höchst Erfreuliches mitgebracht: einen Fördermittelbescheid. Demzufolge unterstützen Bund und Freistaat das Projekt Untermarkt 10, für das 4,5 Millionen Euro an Gesamtkosten veranschlagt sind, mit 1,2 Millionen Euro - das sind etwa 300 000 Euro mehr, als ursprünglich gedacht. Der zusätzliche Betrag stammt aus einem Sonderfonds "Innenstädte beleben", den der Freistaat für das Jahr 2021 aufgelegt hat, und es könnte sogar noch mehr Geld fließen, sofern der Sonderfonds auch im kommenden Jahr noch Mittel zur Verfügung stellt.

Das Thema Innenstadtbelebung prägte denn auch die vergleichsweise kurzen Statements, zu denen sich die Gäste vor der Baustellenvisite im Rathaus-Sitzungssaal versammelten. Bürgermeister Klaus Heilinglechner (BVW) nannte die Sanierung der wertvollen Immobilie "ein Schlüsselprojekt für Wolfratshausen", der Förderbetrag sei "gut angelegtes Geld". Eine attraktive Innenstadt sei umso wichtiger, als viele Kunden ihre Bestellungen nach wie vor überwiegend online abwickelten. Ausdrücklich bedankte sich der Bürgermeister bei dem CSU-Landtagsabgeordneten Martin Bachhuber, der sich seit vielen Jahren für Wolfratshausen einsetze.

Die soziale Bedeutung einer belebten Innenstadt unterstrich Schreyer: Man benötige "Räume, um sich zu sehen". Dies habe man besonders in der Zeit der Pandemie erfahren. Lobend erwähnte die Ministerin, "dass da jetzt auch Barrierefreiheit entsteht", nicht nur für Senioren, sondern auch für Personen mit Kinderwagen. Die Städtebauförderung sei notwendig "für Kommunen, die solche Projekte nicht aus eigener Kraft stemmen können". Ungemein wichtig ist es nach ihren Worten, "die Menschen im Ort zu halten".

Jeder Euro aus dem Fördertopf sei gut angelegtes Geld, stellte Niedermaier fest, denn jeder davon ziehe nachweislich sieben bis acht Euro an späteren Investitionen nach sich. Vor dem Hintergrund der Verkehrsprobleme, mit denen die Stadt aufgrund einer mitten durch den Ort führenden Bundesstraße zu tun habe, appellierte der Landrat vehement an die Ministerin, den Ausbau eines sternförmigen öffentlichen Personennahverkehrs im Auge zu behalten, etwa durch Verbesserungen beim Werdenfels-Takt und der Bayerischen Oberlandbahn. "Die Mobilitätswende muss kommen", sagte Niedermaier an Schreyers Adresse. "Ich hoffe, dass Ihnen dabei nicht das Geld ausgeht."

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5447565
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 25.10.2021/kml
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.