Literarisch-musikalische Lesung:Trauriger Clown, strahlender Held

Literarisch-musikalische Lesung: Ein wenig sprunghaft geriet der Abend mit Miroslav Nemec im Foyer der Loisachhalle, doch unterhaltsam war er allemal.

Ein wenig sprunghaft geriet der Abend mit Miroslav Nemec im Foyer der Loisachhalle, doch unterhaltsam war er allemal.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Mit vielen Sprüchen, Episoden aus seinem Leben und musikalischen Darbietungen unterhält "Tatort"-Kommissar Miroslav Nemec das Publikum in der Wolfratshauser Loisachhalle.

Von Claudia Koestler, Wolfratshausen

Vielleicht ist die Welt der Bühne ja wirklich so: Die Oberfläche verspiegelt, die Mechanismen darunter schwer zu erkennen. Aber deshalb bestens geeignet zur Bildung von Legenden: vom Künstler, vom Kumpel, vom traurigen Clown und strahlenden Helden. Miroslav Nemec verkörpert all jene Möglichkeiten, zumindest an diesem Samstagabend im Foyer der Loisachhalle. Der Schauspieler, der dem breiten Publikum wohl vor allem als Kommissar Batic aus der Krimi-Serie "Tatort" bekannt sein dürfte, gestaltete dabei eine literarisch-musikalische Lesung unter dem Titel "Nemec' Platz bitte".

Anlass war sein vor Kurzem veröffentlichtes Buch "Miroslav Jugoslav", ein Werk, in dem man wohl autobiografische Details aus dem bewegten Leben des Künstlers wird nachlesen können. In Wolfratshausen allerdings verlegte sich Miroslav Nemec mehr auf einen generellen, unterhaltsamen Abend mit vielen Witzeleien und Sprüchen, garniert mit wenigen, sprunghaften Episoden aus seinem Werdegang, umrahmt von bewegenden, teils mitreißenden, immer aber hervorragenden Musikdarbietungen an Gitarre und Klavier.

Nemec ist ein erklärter Freund von Aphorismen und Sprüchen, von denen er an diesem Abend viele an das Publikum verteilte. Einfach so. Weil sie vielleicht auch als Buchtitel infrage gekommen wären: "Bis es Euch gefällt" etwa, oder "Denn sie müssen nicht, was sie tun". Weil er aber ein Jugendbild von sich in einem Fass sitzend fand, das nun den Buchrücken ziert, passte ein anderer Spruch eines befreundeten Wirtes besser: "Im Fass gereift, wer kann das schon von sich behaupten?"

Zu Beginn des Wolfratshauser Abends wirkte Nemec sehr dynamisch, fast schon ein wenig gehetzt. Vielleicht war es auch kanalisierter Unmut, denn die Veranstaltung war von der großen Loisachhalle ins kleinere Foyer verlegt worden. Nur etwas mehr als 60 Besucher waren gekommen, den Künstler und bekannten Schauspieler zu hören. Eine Zahl, die den Abend dafür aber relativ intim werden ließ.

Nemec' Leben sei durch Sprüche und Brüche geprägt worden, sagte er. Die Familie in Jugoslawien etwa sei ein nie versiegender Quell für Ersteres gewesen, wo man mit galligem Humor dem sozialistischen Regime begegnete. Sein Vater, ein Buchprüfer aus Zagreb, steht bei Nemec für den eher lauteren, geselligen, trunkfreudigen Teil der Familie, die Mutter, von der Insel Krk stammend, eher für den sanfteren, sehnsuchtsvollen. Prägungen, die Nemec insbesondere musikalisch hervorragend ausleben konnte. Wie es Nemec allerdings in diverse europäische Länder verschlug, über Österreich und die Schweiz bis nach Deutschland, wurde an diesem Abend nicht ganz klar. Auch nicht, wie er nun zu seinem Nachnamen kam, denn geboren wurde er noch unter einem anderen. Nur soviel: Nemec war der Name eines Verwandten, und das Gymnasium im Traunstein beendete er nicht, wurde aber dennoch am Mozarteum zum Musikstudium zugelassen.

1973 kam für ihn die entscheidende Wende: Seine damalige Freundin wollte Schauspielerin werden, er machte ihre Prüfung mit und wurde in Zürich tatsächlich angenommen. Die Mutter kommentierte das so: "Mach es, dein Vater hat auch nie viel verdient."

In der Welt des Theaters fand er wiederum viele Schnurren und Witze, die er dem Wolfratshauser Publikum genüsslich erzählte. "Unterhalten sich zwei Haifische: Du, ich schwamm hinterm Traumschiff her, da fiel ein Schauspieler ins Wasser, der war ein toller Fang: kein Rückgrat und eine riesen Leber."

Auch wenn manches an diesem Abend zu sprunghaft war, Nemec bewies seinen Facettenreichtum, seine Vielseitigkeit, Musikalität und seine Unterhaltungsqualitäten. Mit einem Lied von ihm und seinem Schauspielerkollegen Udo Wachtveitl, einer Textpersiflage auf den "Tatort" zur Melodie von "Auf der Reeperbahn nachts um halb eins" und sehr viel Applaus endete der Abend.

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