Wolfratshausen:Sehnsucht nach Umarmungen

Städtepartnerschaft Bad Tölz - Vichy

Hoffnung auf bessere Zeiten: Bald sollen in Bad Tölz wieder die Gäste aus der Partnerstadt Vichy tanzen, so wie 2016.

(Foto: Manfred Neubauer/oh)

Wolfratshausen und Bad Tölz haben kein leichtes Jahr hinter sich, zumindest wenn es um Städtepartnerschaften geht. Wie die Freundschaften in Italien, Frankreich und Japan trotzdem erhalten bleiben.

Von Felix Haselsteiner

Städtepartnerschaften und ähnliche freundschaftliche Verbindungen dienen dazu, Nähe zwischen Menschen und Völkern zu schaffen. Im Corona-Jahr 2020 schien es allerdings teilweise so, als wären französische, italienische oder japanische Orte plötzlich ganz weit weg. Ob in Geretsried, Bad Tölz oder Wolfratshausen, es war ein schwieriges Jahr, um internationale Verbindungen zu halten, wie einige Beispiele zeigen:

Iruma

9371 Kilometer Luftlinie trennen das oberbayerische Wolfratshausen und die japanische Stadt Iruma. Als sie 1987 zu einer Partnerschaft zusammenfanden, war nicht die räumliche Entfernung ein Hindernis: Die Japaner, höflich, aber immer mit respektvollem Abstand, hätten sich lange Zeit sehr schwergetan mit der europäischen Art der Begrüßung, sagt Wiggerl Gollwitzer, erster Vorsitzender des Wolfratshauser Städtepartnerschaftsvereins. Umso spezieller hätte es sich angefühlt, als er bei seinem vergangenen Besuch in Iruma eine Umarmung mit einem der japanischen Freunde gehabt hätte. "Das wird demnächst bestimmt nicht der Fall sein, wenn man sich wiedersieht", sagt er. Der Kontakt nach Japan sei heuer zwar ab und an da gewesen, einen Austausch etwa zwischen den Jugendlichen gab es allerdings nicht. Die Reisebeschränkungen werden einen Besuch in Iruma wohl auch im kommenden Jahr erschweren, so Gollwitzer. Da ist es gut, dass in Wolfratshausen weiter ein Stück Japan entsteht. "Wir haben uns in coronakonformen Kleingruppen um den Garten gekümmert", sagt Dietlind Diepen, zweite Vorsitzende des Vereins. Neben der Gartengestaltung könne man von den asiatischen Partnern vor allem lernen, wie man respektvoll Abstand hält: "Die Begegnungskultur in Japan" könne man sich zum Vorbild nehmen.

Barbezieux

"Ausschließlich telefonisch" verlief in diesem Jahr der Kontakt mit der Wolfratshauser Partnerstadt Barbezieux in Frankreich. "Normalerweise gab es mindestens einmal im Jahr eine Reise", sagt Grünen-Stadtrat Rudi Seibt, der sich um die Weiterentwicklung der Partnerschaft sorgt: Schon in den vergangenen Jahren sei die Euphorie, etwa über den Schüleraustausch, nicht mehr allzu groß gewesen in der Loisachstadt. "Mehr Begeisterung und mehr kommunalpolitischen Austausch würde ich mir wünschen", sagt Seibt. Und das - sofern es die Lage zulässt - am besten schon im Jahr 2021.

Vichy

Auch Bad Tölz hat - wie etwa Wolfratshausen, Geretsried und Dietramszell - eine französische Partnerstadt. Und wie mit Barbezieux war die Kommunikation mit Vichy heuer eingeschränkt. "Bei unseren französischen Freunden dauert es manchmal etwas länger mit der Rückmeldung", sagt Monika Öttl vom Tölzer Städtepartnerschaftsverein. Die Verbindung sei seit jeher mehr über das Rathaus als über private Kontakte gelaufen. Weil in diesem Jahr auch noch der traditionelle Besuch der französischen Delegation zur Leonhardifahrt ausfallen musste, sei der persönliche Kontakt sehr gering gewesen.

San Giuliano Terme

Anders als die Franzosen zeigten sich die italienischen Freunde der Tölzer sehr engagiert - auch wenn ein Treffen in diesem Jahr nicht möglich war. Kurz habe man schon überlegt, im Sommer hinzufahren, sagt Öttl. "Doch unser Verein besteht eben auch aus vielen älteren Menschen - die kein Risiko eingehen wollten." So blieb es bei Kontakten per Whatsapp und E-Mail, was allerdings durchaus für Freude sorgte: "Man konnte sich immer wieder an die schönen Zeiten, die man gemeinsam hatte, zurück erinnern", sagt Öttl. Zur Leonhardifahrt hätten viele San Giulianer an die Freunde in Tölz gedacht und Fotos geschickt. Umgekehrt sorgten sich die Tölzer um die Freunde in der Toskana, die vor allem im Frühjahr stark von Corona betroffen war. Die Hoffnungen liegen nun auf dem Wiedersehen, vielleicht schon im April, wenn in der Nähe von San Giuliano Terme die Verbrauchermesse Agrifiera stattfinden sollte. "Da haben wir den Italienern immer an einem Stand bayerische Spezialitäten serviert", sagt Öttl. Vielleicht bringt genau dieses Bild die Lage auf den Punkt: Wenn es in der Toskana wieder bayerische Wurst gibt, dann ist in die Städtepartnerschaften wieder Normalität eingekehrt.

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