Wolfratshausen:Strategien gegen den Stau

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Die Bürgervereinigung Wolfratshausen diskutiert Möglichkeiten, die Stadt vom Autoverkehr zu entlasten. Die Politiker zeigen Wege zur Mobilitätswende auf, mahnen aber auch zur Selbstreflexion.

Von Konstantin Kaip, Wolfratshausen

Die Monatsversammlung der Bürgervereinigung Wolfratshausen (BVW) läuft jetzt nicht nur unter der neuen Bezeichnung "#BVWOR aktiv". Der Vorstand der politischen Gruppierung um Thomas Eichberger hat den Ablauf geändert: Statt Berichten aus dem Stadtrat soll es fortan eine offene Diskussionsrunde geben, bei der die Bürger ihre Ideen einbringen sollen. "Wir wollen nicht reagieren, sondern agieren", sagte Eichberger am Donnerstagabend in der Flößerei. Für die erste Monatsversammlung unter neuem Label und die letzte in diesem Jahr hatte die BVW ein brisantes Thema gewählt: die Verkehrsentlastung im Stadtgebiet.

Etwa 35 Teilnehmer hatten sich an den zu einem Rechteck zusammengeschobenen Tischen platziert - auch das ein Novum - um darüber zu sprechen, wie man den Verkehr in Wolfratshausen reduzieren kann. Zunächst allerdings hielt Stadträtin Ulrike Krischke einen Vortrag zu dem wie sie zugab komplexen Thema. Im Durchschnitt gehörten 80 Prozent des öffentlichen Raumes in deutschen Städten den Autos und nur 20 Prozent den Fußgängern und Radfahrern, sagte sie. In Wien sei es hingegen umgekehrt.

Dort habe man den Autoverkehr auf 30 Prozent des öffentlichen Raumes reduziert, 70 Prozent fielen Radlern und Fußgängern zu. "Wir müssen die Stadt zurückerobern als Stadt der Menschen und nicht der Autos", sagte sie. Dafür brauche es eine "Mobilitätswende", und die sei nur mit attraktiven Alternativen zum Individualverkehr zu realisieren.

Angebote wie Bus, Bahn oder sogenannte Rufbusse, die man per App bestellen kann, müssten dazu besser vernetzt werden, erklärte Krischke. Um den Autoverkehr zu verringern, sollten zudem Ladestationen für E-Autos und -räder ausgebaut werden. Fördern solle man auch andere entlastende Konzepte: Bei einer Exkursion in München hätten die Stadträte kürzlich erlebt, wie im Olympiadorf etwa Pakete nicht von Zulieferern per Kleinlaster ausgeliefert werden, sondern mit Lastenrädern von einer zentralen Sammelstation aus, berichtete sie. Um den Umstieg zu forcieren, sei ein kostenloser Stadtbus, wie ihn Geretsried in Erwägung ziehe, "ganz wichtig", befand Krischke. "Ein großer Wunsch von mir ist, dass es auch eine kostenlose Verbindung zwischen Wolfratshausen und Geretsried gibt."

Ihr Vortrag ging in eine lange angeregte Diskussion über, bei der die Gäste den Vorschlag begeistert aufgriffen. Zudem forderten sie mehr Radwege im Stadtgebiet. "Wenn mehr Platz für Radfahrer als für Autos da ist, wird man für kurze Wege auch umsteigen", sagte Krischke. Für eine effektive Verkehrsentlastung nahmen die Teilnehmer jedoch auch Geretsried und das Staatliche Bauamt in die Pflicht. "Mit dem von uns selbst gemachten Verkehr würden wir fertig werden", befand Heinz Wensauer - "wenn wir nicht den von Geretsried mittragen müssten." Die Verbindung zur Salzburger Autobahn verlaufe über die Sauerlacher Straße, deren Anwohner täglich unter Staus zu leiden hätten. Stattdessen könnten Pendler und Lkw über Egling auf die Autobahn geleitet werden.

Die Stadt werde eine Entlastung vom Verkehr nach Kräften vorantreiben, versprach Bürgermeister Klaus Heilinglechner, auch wenn das ein "zäher Prozess" sei. Eine Mobilitätswende brauche aber auch die Selbstreflexion: "Jeder sollte sein eigenes Verhalten hinterfragen."

© SZ vom 08.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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