Wolfratshausen:Stadt will Stromnetz zurück

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Für eine Übernahme fehlen den Stadtwerken die Möglichkeiten. Obwohl die Zeit drängt, wollen die Stadträte eine endgültige Entscheidung ihren im März zu wählenden Nachfolgern überlassen.

Von Matthias Köpf

Die Wolfratshauser Stadträte erwägen einen Versuch, den bisher an den Eon-Konzern vergebenen Betrieb des Stromnetzes im Stadtgebiet wieder in kommunale Hände zu bekommen. Als Mittel dazu zeichnet sich eine Neuausschreibung der Konzession ab. Für eine direkte Übernahme fehlen der Stadt und ihren Stadtwerken derzeit das Geld, die Fachleute und auch die Zeit. Obwohl die Entscheidung schon in wenigen Monaten fallen muss, wollen sich die Räte erst im Februar wieder mit dem Thema befassen.

In der Sitzung des Bauausschusses am Mittwochabend signalisierten Redner aller Fraktion ein grundsätzliches Interesse an der Übernahme des Stromnetzes. Während sich BVW, CSU und SPD dabei eher vorsichtig zeigten, warb Umweltreferentin Gaby Reith (Grüne) am engagiertesten für diesen Schritt. Wenn sie die Energieversorgung dezentralisieren und die Energiewende gestalten wolle, dann müsse die Stadt diese Chance ergreifen. Dass es die Energiewende nicht umsonst geben werde, sei von Anfang an klar gewesen, sagte Reith.

Wie hoch die nötige Investition für die Stadt werden könnte, ist allerdings noch völlig unklar, weshalb alle Räte vor einer Entscheidung einhellig auf präziseren Informationen bestanden. Die bisher einzige Zahl hat nach Angaben von Bürgermeister Helmut Forster (BVW) ein Eon-Vertreter bei einem Termin im Rathaus in den Raum gestellt. Demnach hat das Stromnetz, das ein neuer Betreiber dem Konzern ablösen müsste, einen Wert von etwa sieben Millionen Euro. Allerdings halten alle übrigen Beteiligten dies für weit überzogen, weil der Konzern das Netz behalten oder zumindest eine maximale Ablöse herausschlagen will. Die Erfahrung anderenorts zeigt, dass nach Verhandlungen - oft genug auch vor Gericht - sehr viel niedrige Preise gezahlt werden als zunächst verlangt.

Um der Zahl aber überhaupt etwas entgegensetzen zu können, wäre ein fundiertes Gutachten nötig, das laut Forster "einen höheren fünfstelligen Betrag" kostet. Auch sind die Stadtwerke laut Vorstand Jürgen Moritz auf absehbare Zeit finanziell, personell und technisch nicht in der Lage, die Übernahme und den weiteren Betrieb des Netzes zu stemmen. Moritz riet deshalb zu einer Neuausschreibung der Konzession, die im September 2016 ausläuft.

In dieser Ausschreibung könne die Stadt beispielsweise die Beteiligung kommunaler Unternehmen fordern. Dies habe den Vorteil, dass etwa das teure Gutachten zur Wertermittlung nicht von der Stadt, sondern von den Bietern bestellt und bezahlt werden müsse. Außerdem hält es die Tür offen für eine Lösung wie eine gemeinsame Stromsparte mit den Stadtwerken aus Geretsried und Bad Tölz, über die seit mehreren Monaten verhandelt wird.

Wenn die Stadt das Netz weder selbst übernimmt noch neu ausschreibt, verlängert sich der Vertrag mit Eon um 20 Jahre bis 2036. Der hat ihr zuletzt jährliche Einnahmen von rund 500 000 Euro gebracht. Eine solche Konzessionsabgabe könnte die Stadt auch von anderen Bietern verlangen - außer sie übernimmt das Netz selbst. Dann nähme sie aber das so genannte Netzentgelt selbst ein, das die Endkunden über den Strompreis mitzahlen und aus dem die Netzbetreiber ihre Gewinne erzielen.

Obwohl Bauamtsleiter Dieter Lejko ausdrücklich vor Verzögerungen warnte und auf die nötigen Ausschreibungsfristen hinwies, wollten die Räte am Mittwoch keine Entscheidung fällen. Stattdessen gaben sie der Stadtverwaltung den Auftrag, sich bis zur Sitzung im Februar in anderen Kommunen wie Dachau oder im Würmtal nach den Erfahrungen mit deren Netzübernahmen zu erkundigen und auch sonst mehr Informationen zu sammeln. Die endgültige Entscheidung wollen viele Räte ob der Tragweite ihren im März zu wählenden Nachfolgern überlassen.

© SZ vom 06.12.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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