Wolfratshausen:Spaziergänge mit dem "Dritten Weg"

Rechtsextreme Partei unterstützt die Demonstrationen von Kritikern der Corona-Politik auch in Bad Tölz, Geretsried, Lenggries, Penzberg und Wolfratshausen

Von Felicitas Amler

Die sogenannten Spaziergänger gegen die Corona-Politik haben rechtsextreme Unterstützer. Zu den wöchentlichen Demonstrationen dieser losen Gruppierungen ruft explizit die Neonazi-Partei "Der Dritte Weg" auf. Die Internet-Seite der Organisation, die von ehemaligen NPD-Funktionären und Aktivisten des verbotenen Freien Netzes Süd (FNS) gegründet wurde, listet auch die jüngsten Montagsmärsche in Bad Tölz, Geretsried, Lenggries, Penzberg und Wolfratshausen auf. Dazu heißt es unter der Überschrift "Das System ist gefährlicher als Corona": "Die nationalrevolutionäre Bewegung & Partei' Der III. Weg" wird sich wieder bundesweit an den (Montags)-Protesten gegen die Corona-Zwangsmaßnahmen beteiligen."

Der Wolfratshauser Grünen-Stadtrat Peter Lobenstein war durch eine Parteifreundin aus einem anderen Landkreis auf diesen Konnex aufmerksam geworden. Deswegen habe er sich dazu überwunden, selbst den "Dritten Weg" im Internet aufzurufen, berichtet Lobenstein. Er sei unter diesem Aspekt schockiert, dass so viele Leute an den "Spaziergängen" teilnähmen, und dass der Zulauf wöchentlich steige. Er glaube, so der Grünen-Stadtrat, dass viele gar nichts von diesen Zusammenhängen wüssten "und zu Mitläufern werden".

Lobenstein sagt, anfangs habe er noch gedacht, man solle diese Demonstrationen besser ignorieren, das könne man jetzt aber nicht mehr. "Wie lange soll man abwarten", fragt er, "bis es 2000 Leute sind oder 5000?" Das Ziel müsse es eigentlich sein, miteinander zu diskutieren, doch er habe den Eindruck, dazu seien viele gar nicht bereit.

Umfangreiche Diskussionen über die Corona-Politik laufen aber über die sozialen Medien. Auch was den Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen und die Stadt Penzberg betrifft, spielt sich vieles auf Facebook ab. Nach wochenlangem Pro und Kontra einzelner Teilnehmer hat der Wolfratshauser Konrad Huber am Dienstag auf Facebook eine Gruppe "WOR wehrt sich" gegründet, der bis Donnerstag 173 andere beigetreten waren. Huber erklärt seine Initiative in dem sozialen Medium mit den Worten: "Hier geht es um den Widerstand gegen die 'Bürgermärsche' in Wolfratshausen!" Diese sind bisher nach Informationen der Polizei anders als in München friedlich vonstatten gegangen. In anderen Landkreisen rund um die Landeshauptstadt ist es bereits zu Zwischenfällen gekommen. So berichtet die SZ Fürstenfeldbruck von Attacken gegen ihre eigene Fotografin. Diese sei "vor und während des sogenannten Spaziergangs von Teilnehmern der unangemeldeten Demonstration verbal eingeschüchtert und in ihrer Berufsausübung behindert worden".

Der Fotografin seien Verhöhnungen der Medien zugerufen worden, wie sie aus vielen zurückliegenden Demonstrationen gegen die Corona-Schutzmaßnahmen bekannt sind. Daneben habe es Drohungen gegeben, die Fotografin müsse mit einer Anzeige rechnen, wenn sie Teilnehmer der unangemeldeten Demonstration in Fürstenfeldbruck mit der Kamera aufnehme. "Wehe, Sie fotografieren", schrien Teilnehmer der Demonstration.

In der Großen Kreisstadt Dachau hat sich am vergangenen Montag als Gegeninitiative zu den "Spaziergängern" eine Menschenkette gebildet, um den Schrannenplatz abzuriegeln, auf dem diese sich versammeln wollten. Die dortigen Gegner der Corona-Maßnahmen hatten sich unter anderem über den Messengerdienst Telegram zusammengefunden.

Die Partei "Der Dritte Weg" verbreitet Slogans wie "Deutsche Kinder braucht das Land", "Kein deutsches Blut für fremde Interessen" oder "Asylflut stoppen".

Die Montagsmärsche in Penzberg werden von Mitgliedern der Partei "Die Basis" unterstützt und begleitet. Nach der ehemaligen Bundestagskandidatin Juina Wessel, die betonte, sie trete dabei als Privatperson auf, war es am vergangenen Montag der "Basis"-Sprecher Peter Steub, der ebenfalls geltend machte, er spreche nicht im Namen seiner Partei. Die Rede Steubs wurde auf Facebook von Rudi Mühlhans gepostet, der in Benediktbeuern als Gemeinderat bekannt ist und in Geretsried als Geschäftsführer des Trägervereins Jugend- und Sozialarbeit. Auch Mühlhans legt stets Wert auf die Feststellung, dass er auf Facebook als Privatmann agiere.

Der Geretsrieder Andreas Wagner, ehemaliger Bundestagsabgeordneter der Linken, hat auf Facebook in der Gruppe "AfD nein danke" zu den Montagsmärschen erklärt: "An einer Demo ist etwas faul, wenn Verschwörungsideologen und Rechtsextremisten dazu aufrufen."

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