Wolfratshausen:Shoppen für den guten Zweck

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Der Rotkreuzladen "Anziehend" ist auch nach zehn Jahren noch ein Geheimtipp

Von Barbara Szymanski, Wolfratshausen

"Anziehend" heißt der Kleiderladen des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK) an der Barbezieuxstraße, nur zwei Minuten vom Hatzplatz entfernt. Der Name ist bewusst doppeldeutig: Er zieht Frauen an, die gerne einen kleinen Plausch zwischendurch halten wollen, etwa wenn sie, wie die Nachbarin Karin Diehl, ihren Hund ausführen. Ausgesprochen anziehend ist auch das Angebot an Garderobe für Frauen jeden Alters und jeder Gestalt. Da kann die Kundin schon mal in einen Kaufrausch verfallen, den sie sich leisten kann: einen echt japanischen Kimono für 12,50 Euro, ein handgefertigtes Dirndl mit Seidenschürze für so um die 25 Euro oder einen fröhlich-bunten Sommerschal für 5,80. Weil das Ladenlokal im BRK-Haus nur etwa 60 Quadratmeter groß ist, gibt es hier, anders als in den großen BRK-Märkten in Geretsried, Bad Tölz und Lenggries mit Angeboten für die ganze Familie, nur Frauen-Kleidung samt Schuhen, Gürteln, Taschen, Hüten und Accessoires für wahrhaft jeden Geschmack und vor allem für den schmalen Geldbeutel.

"Sie dürfen nur nichts Bestimmtes suchen. Einfach schauen und: gleich mitnehmen!", rät die neue Ladenleiterin Sylvie Bschorer mit ihrem französischen Akzent. Denn jedes Teil gibt es nur einmal und in einer einzigen Größe, derzeit Sommersachen, von Ende August an ist Schlussverkauf, und dann gibt es Herbst- und Winterkleidung. Da röten sich schon mal die Wangen, wenn ein ausgefallenes T-Shirt, das brennend-rote Seidenkleid oder das Jackett einer gehobenen Marke wie auf den Leib geschneidert passen und frau sich diesen Lustkauf auch leisten kann.

Eine Literaturstudentin schaut genauso öfters vorbei wie die Nachbarin mit dem Hund. Die Studierende hat sich nicht nur in ein Dirndl verguckt, sondern will auch "etwas Nachhaltiges für die Umwelt tun und nicht nur darüber reden". Diesen Trend haben auch Patricia Zeisner, BRK-Fachbereichsleitung Kleidermärkte Nord, und die anderen ehrenamtlichen Helferinnen festgestellt. Ganz offen werde darüber gesprochen, dass es doch einfach zu viel Kleidung gebe und diese nicht einfach irgendwie entsorgt, sondern weitergegeben werden sollte.

"Wir sind keine Kleiderentsorger"

An einem Freitagvormittag kommt praktisch im Halbstundentakt neue kostenlose Ware. "Wir nehmen zunächst alles an", sagt Petra Gössl-Kubin, die im BRK-Kreisverband für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist. "Aber wir sind keine Kleiderentsorger, wir sind Verwerter", stellt sie bestimmt fest. Ungepflegte und vollkommen aus der Zeit gefallene Kleidung wird sanft, aber bestimmt zurückgewiesen. Passen manche Garderobenstücke nicht zum Konzept des Wolfratshauser Ladens, dann werden sie in einen anderen BRK-Markt geschafft. "Wir sehen uns als Boutique", sagt Zeisner, und die andern Helferinnen bestätigen das mit einem Lächeln.

Sie betonen, dass sie ein gutes Team seien und der ehrenamtliche Job richtig Spaß mache, wenngleich immer eine Hand fehle und weitere "Verkäuferinnen" willkommen seien. Denn hier in dem liebevoll dekorierten, gepflegten und übersichtlich gestalteten Kleidermarkt kann jede in Ruhe stöbern, anprobieren, ein wenig plaudern und auch noch etwas Gutes tun. Die Einnahmen gehen nämlich zu hundert Prozent in Projekte: in die Jugendarbeit, den Bereitschaftsdienst, die Wasserwacht und andere Dienste des Kreisverbands des Roten Kreuzes.

Trotz des prima Klimas im Laden mit gut gelaunten Käuferinnen bedauern die Mitarbeiterinnen einhellig, dass diese Möglichkeit des preisgünstigen Shoppens auch nach zehn Jahren noch nicht so bekannt ist und die Stadtverwaltung keinen Aufsteller beim Hatzplatz genehmigt. "Wir sind doch wirklich anziehend - oder?", ist sich das Team einig.

BRK-Kleidermarkt "Anziehend", Barbezieuxstraße 1, Wolfratshausen, geöffnet Dienstag, Donnerstag und Freitag, jeweils von 14.30 bis 18 Uhr.

© SZ vom 06.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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