Wolfratshausen:Schwarze Aufbrüche

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Die CSU im Landkreis zeigt sich in der Frage der Homo-Ehe gespalten. Während einige Mitglieder gleichgeschlechtlichen Paaren mehr Rechte geben wollen, bleiben andere beim alten Konservatismus

Kathleen Hildebrand

Nur ein paar Minuten, nachdem am Mittwochabend der neue Papst gewählt war, wusste die ganze Welt, dass Franziskus die sogenannte Homo-Ehe ablehnt. Das Thema ist brisant: Bundesweit wird derzeit diskutiert, ob gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften der Ehe auch in Adoptions- und Steuerfragen gleichgestellt werden sollen. Die Debatte spaltet nicht nur die schwarz-gelbe Koalition in Berlin - auch intern sind CDU und CSU uneins, wie weit sie sich vom traditionellen Familienbild entfernen wollen. Auch wenn im Landkreis bisher nur wenige Bürger eine gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft geschlossen haben, stellt sich der CSU-Kreisverband Bad Tölz-Wolfratshausen dieselbe Frage.

Laut Ingo Mehner, dem CSU-Ortsvorsitzenden in Bad Tölz, sollte der Staat sich erst einmal fragen, wen und was er überhaupt fördern will. "Völlig klar" ist für Mehner, dass auch eingetragene homosexuelle Partner zum Beispiel ein Recht auf Auskunft im Krankenhaus haben sollten, ohne einander dafür eigens eine Vollmacht ausstellen zu müssen. Er verstehe auch den Ansatz, Menschen dafür zu honorieren, dass sie füreinander einstehen - egal, in welcher Lebensform, sagt Mehner. Der Staat müsse aber "nüchtern abwägen", weil nicht jeder gefördert werden könne. "Es ist Linie der CSU, dass man die Beziehung zwischen Mann und Frau anders fördern soll als andere. Und das finde ich auch."

Das politische Ziel des steuerlich vorteilhaften Ehegattensplittings sei die Förderung der Familiengründung, sagt Mehner. Deswegen sei es richtig, die dem zugrunde liegende Beziehung, nämlich die Ehe zwischen Mann und Frau, zu fördern. Kinderlose Ehepaare will Ingo Mehner "nicht noch dafür bestrafen, dass es bei ihnen nicht klappt". Außerdem profitierten Ehen ohne Kinder ohnehin wenig vom Splitting, da meist beide Partner berufstätig seien und deshalb ähnlich viel verdienten. Im Familiensplitting sieht Mehner eine "interessante Alternative", findet aber die derzeitige Kombination aus Ehegattensplitting und Kindergeld im Ansatz vergleichbar. Die Adoptionsrechte von gleichgeschlechtlichen Paaren will er nicht weiter gestärkt sehen, als es das Bundesverfassungsgericht im Februar bereits getan hat.

Der Bürgermeisterkandidat der CSU in Geretsried, Michael Müller, hat sich zur Frage des Adoptionsrechts noch keine Meinung gebildet. Was alternative Familienformen angeht, zeigt er sich aber offen. Der 43-Jährige sieht sich als Vertreter einer Generation, die "gerade den gesellschaftlichen Wandel mitmacht". Auch eine "wilde Ehe" sei vor 20 Jahren noch undenkbar gewesen - heute hingegen seien Beziehungen ohne Trauschein und Patchwork-Familien vollkommen üblich.

Michael Müller findet, dass Menschen, die füreinander Verantwortung übernehmen, besondere Rechte genießen sollten - egal ob homo- oder heterosexuell. Man müsse sich fragen, was Familie denn heute sei und ob man an der klassischen, bürgerlichen Vorstellung des 19. Jahrhunderts festhalten wolle.

Den steuerlichen Förderansatz würde Müller gerne verändern: Weg von der Ehe und hin zu den Kindern. "Da, wo Kinder sind, gehören auch Steuererleichterungen hin. Ich bin für das Familiensplitting." Dass er damit von der momentanen Linie der CSU abweicht, kümmert ihn wenig. In Parteien gebe es nun einmal vielfältige Meinungen. "Wichtig ist, dass wir eine tolerante Gesellschaft haben. Ob man sich als konservativ bezeichnet, ist vor diesem Hintergrund egal."

Michael Müllers CSU-Parteifreund im Ortsverein Geretsried, Gerhard Meinl, ist da ganz anderer Meinung: "Die Ehe in klassischer Form verdient besonderen Schutz", sagt er. Denn in ihr sei es immerhin möglich, dass eigene Kinder entstünden. Laut dem aktuellen Geburtenbericht des Statistischen Bundesamts ist der Mütteranteil bei verheirateten Frauen am höchsten.

Vom Familiensplitting hält Meinl nichts: "Ich bin da ein ganz konservativer Unverheirateter". Meinl selbst hat keine Kinder und lebt mit seiner Partnerin in einem "geschlamperten Verhältnis", wie er selbst sagt. Trotz der Verantwortung, die sie füreinander übernähmen, rufe er nicht nach Steuervorteilen. Alles andere könne er auch in einem "eigenen Regelwerk machen".

Der Wolfratshauser CSU-Ortsvorsitzende Manfred Fleischer folgt derweil der Mahnung seines Parteivorsitzenden Horst Seehofer. Der hatte die CSU-Mitglieder am Montag dazu aufgerufen, hinsichtlich der Homo-Ehe Zurückhaltung zu wahren und das Urteil des Bundesverfassungsgerichts abzuwarten. Das Gericht wird im Sommer entscheiden, ob gleichgeschlechtliche Paare in der Steuergesetzgebung auf unzulässige Weise ungleich behandelt werden."Ich habe dazu keine Meinung", sagt Fleischer deshalb und wartet ab.

© SZ vom 18.03.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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