Wolfratshausen:Schildbürgermeisterstreich

Rathaus-Chef Klaus Heilinglechner lässt Ortstafeln für Weidach aufstellen - und erhöht damit versehentlich das Tempolimit vor der Grundschule von 30 auf 50. Die Polizei hängt sie wieder ab.

Von Konstantin Kaip

Als Thomas Martin am Mittwochmorgen auf der Weidacher Straße fuhr, entdeckte er zwei neue gelbe Schilder. Sie weisen darauf hin, in welchem Ortsteil sich die Autofahrer befinden: Weidach ist darauf zu lesen, darunter Stadt Wolfratshausen. Ortsteilschilder also, die wie veritable Ortschilder aussehen, genau wie am Ortseingang von Waldram. Martin war verwundert. Der Ingenieur wohnt eigentlich in Farchet, fährt aber oft auf der Weidacher Hauptstraße. Die beiden großen gelben Schilder an der Brücke über die Loisach und an der Einmündung zur Auenstraße hätten ihn irritiert, sagt er. Besonders letzteres, da es in unmittelbarer Nähe von Schule und Kindergarten steht. Er habe daraufhin bei der Polizei nachgefragt, sagt der Wolfratshauser. "Die wussten von nichts und waren nicht sehr angetan."

Das Problem: Ein Ortschild gilt als Verkehrsschild. Es ist Hinweis darauf, dass man sich in einer geschlossenen Ortschaft befindet und demnach 50 Stundenkilometer schnell fahren darf. Das Tempolimit 30, das auf der Weidacher Hauptstraße besteht, wird durch das gelbe Schild also ausgerechnet im Bereich vor der Schule und dem Kindergarten aufgehoben. "Das kann doch nur ein Witz sein", sagt Martin. "Ein Schildbürgerstreich - oder hat die Stadt das veranlasst?"

Wolfratshausen: Klaus Heilinglechner stammt selbst aus Weidach.

Klaus Heilinglechner stammt selbst aus Weidach.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Aufstellen lassen hat die Schilder Bürgermeister Klaus Heilinglechner (BVW). Weidacher Bürger hätten den Wunsch an ihn herangetragen, erklärt er. Der Ortsteil sei früher schließlich eine eigenständige Gemeinde gewesen, mit eigenem Rathaus und eigener Kirche - es gehe den Weidachern "um ein Stück Identität". Mit eigenem Lokalpatriotismus habe die Aktion aber nichts zu tun. Er spüre natürlich eine Verbundenheit zu dem Ortsteil, sagt der Bürgermeister, der selbst Weidacher ist. "Aber für mich wäre die Welt nicht untergegangen ohne die Schilder." Den Wunsch der Weidacher habe er aber gerne erfüllt. Schließlich gebe es ja auch in Waldram ein eigenes Ortsteilschild.

Beim Aufstellen habe er sich bewusst für den kurzen Amtsweg entschieden, sagt Heilinglechner. Und nach Rücksprache mit dem Bauamt auf eine verkehrsrechtliche Anordnung verzichtet. "Dann hätte man die Schilder an allen Zufahrten zum Stadtteil aufstellen müssen, für Ortsanfang und Ortsende." Und anders als Waldram habe Weidach eben sehr viele Zufahrten. "Das hätte einen Schilderwald gegeben." Das mit der Geschwindigkeit sei ihm erst später klar geworden, sagt Heilinglechner. Allerdings stehe bereits etwa 20 Meter nach dem Ortsteilschild an der Schule das nächste Tempo-30-Schild. Rasen sei also an der Stelle unmöglich.

Wolfratshausen: Das hat der Bürgermeister nicht bedacht: Das Ortsschild erhöhte ausgerechnet vor der Grundschule das Tempolimit von 30 auf 50 - so lange es stand.

Das hat der Bürgermeister nicht bedacht: Das Ortsschild erhöhte ausgerechnet vor der Grundschule das Tempolimit von 30 auf 50 - so lange es stand.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

An das Ortsteilschild am Bürgerhaus brauchen sich die Weidacher aber gar nicht erst zu gewöhnen. Es wurde bereits am Freitag entfernt. Entschieden hat das die Polizei, die den Bürgermeister zu einem Gespräch gebeten hatte. Ergebnis: Im sensiblen Bereich an Schule und Kindergarten muss das gelbe Schild verschwinden. Auch weil es die Bemühungen der Polizei, dort den Verkehr zu beruhigen, zunichte machen würde. Die führt nämlich an der Stelle regelmäßig Geschwindigkeitskontrollen durch. Wie Heilinglechner nach dem Gespräch am Freitag erklärte, sind Lasermessungen 200 Meter vor und nach einem Ortsschild jedoch nicht zulässig.

"Der Standort liegt vielleicht an der Stadtteilgrenze", sagt Tony Lechner, der bei der Wolfratshauser Polizei für Verkehr zuständig ist. "Aber im Schulbereich ist er etwas ungünstig gewählt." Eine "konkrete Gefährdung" sei zwar wegen der dichten 30er-Beschilderung in der Straße nicht entstanden. "Aber es war technisch einfach schlecht gelöst." Zusammen mit der Stadt werde man nun nach einem besseren Standort suchen, das Schild an der Brücke könne aber bleiben. Verkehrsrechtlich seien die Ortsteilschilder kein Problem, betont Lechner: "Wir sind da mit der Stadt auf einer Linie und werden eine Lösung finden."

Die beiden Schilder in Weidach haben laut Heilinglechner insgesamt 119 Euro gekostet. Die Gesamtkosten mit Rahmen und Aufstellung konnte er aber nicht nennen. Thomas Martin findet die Schilder unnötig und ist empört. "Ich finde es unmöglich, dass für so etwas Geld ausgegeben, ein Ortsteil bevorzugt und Verkehrsrecht missachtet wird", sagt er. Zumal an anderer Stelle nichts geschehe. So habe er die Stadtverwaltung etwa mehrfach auf den fehlenden Bürgersteig am neuen Bartsch-Gebäude an der Sauerlacher Straße hingewiesen. "Aber es ist nichts passiert."

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