Was sie müssten, wenn sie wollten, das wissen die meisten Frauen schon. Aber ob sie wirklich politisch aktiv werden wollen? Darüber haben am Sonntagvormittag zehn Besucherinnen mit den acht Wolfratshauser Stadträtinnen im Gasthaus "Flößerei" diskutiert. Die hatten eingeladen zu einem ersten Gedankenaustausch, dem weitere folgen sollen. Ziel ist es, mehr Frauen in die Kommunalpolitik zu bringen. Am Ende fasste Stadträtin Ulrike Krischke (Bürgervereinigung Wolfratshausen) die Anforderungen zusammen, die gemeinsam erarbeitet worden waren: Lösungsorientiert arbeiten, netzwerken, konkrete Ziele verfolgen und ein klares Profil zeigen.
Der Wolfratshauser Stadtrat hat 24 Sitze, aber nur acht Frauen haben ein Mandat. Und auch diese Zahl wurde erst durch zwei Nachrückerinnen erreicht; durch die direkte Wahl allein waren es nur sechs gewesen. Frauen haben aber einen Anteil von 51 Prozent an der Bevölkerung. Warum also gibt es fast allerorten keinen paritätisch besetzten Gemeinde- oder Stadtrat?

Frauen wählten keineswegs gezielt Frauen, stellte SPD-Stadträtin Ingrid Schnaller fest. Und eine Zuhörerin gab die Antwort, warum das ihrer Ansicht nach so ist: Die Männer auf den Wahllisten seien einfach bekannter, sagte sie. "Und man tendiert dazu, jemanden zu wählen, den man kennt."
Das war ein Stichwort für die Unternehmensberaterin Silke Kraus. "Frauen haben oft nicht den Ehrgeiz, in die erste Reihe zu gehen", sagte sie. Gerade wer gewählt werden wolle, müsse aber eine klare Position, ein Profil und Standing haben.
Das sieht auch Eva-Maria Rühling, Leiterin der Nachbarschaftshilfe "Bürger für Bürger", so. Wenn eine Frau wirklich etwas in der Politik erreichen wolle, müsse sie Themen setzen, sagte sie, Werbung für sich selbst machen und nach vorn auf die Liste drängen.
Einigkeit herrschte, dass mehr Frauen kommunalpolitisch etwas zu sagen haben sollten: um "den weiblichen Blick auf die Stadt einzubringen", wie Annette Heinloth (Grüne), Dritte Bürgermeisterin von Wolfratshausen, formulierte. Familienpolitik, Verkehrsfragen und Nachhaltigkeit wurden als Beispiele dafür genannt, wo Frauen eine andere Lebensrealität als Männer beizutragen hätten. Einige fanden, Frauen seien meist pragmatischer, mehr auf Lösungen fokussiert, hätten aus ihrem Alltag reichlich Erfahrung in "Projekt- und Chaosmanagement". Andere sagten, Frauen seien stärker als Männer an Kunst und Kultur interessiert. Heinloth betonte allerdings, dass eine Frau genauso gut wie ein Mann im Bauausschuss mitwirken könne; es gehe schließlich nicht nur um das, was Bundeskanzler Gerhard Schröder einst so schnöde als "Familie und das ganze Gedöns" bezeichnet hatte.
Braucht es Expertinnenwissen, um für den Stadtrat zu kandidieren? Luise Seemayer, CSU-Gemeinderätin in Königsdorf, sagte, Unwissenheit sei in der Kommunalpolitik durchaus auch unter Männern festzustellen. Heinloth wies darauf hin, wie viel man in der Lokalpolitik lerne, da man auch ständig mit anderen Menschen und anderen Milieus zu tun habe: "Es ist eine Horizonterweiterung und eine permanente Fortbildung."
Im Übrigen hoben die aktiven Politikerinnen die Bedeutung des gemeinsamen Handelns und der Verteilung von Aufgaben hervor. Krischke sagte, man müsse keineswegs immer "zu hundert Prozent volle Kraft voraus" agieren. Die Arbeit sei vielmehr wie ein Staffellauf.
Den immer wieder gehörten Einwand, Frauen schafften oft neben Haushalt und Kindererziehung nicht noch ein Ehrenamt, quittierte Schnaller mit der Bemerkung: "Auch Frauen können mal loslassen". Und eine Zuhörerin ergänzte: "Nur wenn wir aktiv werden und fordern, dass andere ihre Komfortzone verlassen, kommen wir weiter."
Krischke machte den Frauen mit einem Zitat ihrer Stadtratskollegin Assunta Tammelleo (Grüne) Mut: Politisches Engagement beginne nicht erst im Stadtrat, sondern bereits an der Stelle, wo jemand öffentlichkeitswirksam aktiv werde. "Wenn man diesen Schritt gegangen ist, kann man auch den nächsten gehen."