Wolfratshausen:Offen für alle - auch für die Stadt

Der Historische Verein Wolfratshausen und Siedlungsgemeinschaft unternehmen ersten Schritt zur Gründung eines Trägervereins für eine Dokumentationsstätte in Waldram. Denkbar ist für sie auch eine Mitgliedschaft der Kommune.

Matthias Köpf

Der Historische Verein Wolfratshausen und die Siedlungsgemeinschaft Waldram haben einen ersten konkreten Schritt hin zu einem Trägerverein für ein Dokumentations- und Begegnungszentrum am Kolpingplatz gemacht. Am Montagabend versammelten sich 15 Mitglieder aus beiden Vereinen, um die Grundlage für den gemeinsamen Trägerverein zu erarbeiten. Von einer formellen Gründung wollen die Beteiligten jedoch nicht sprechen, ehe der Trägerverein beim Amtsgericht eingetragen und idealerweise als gemeinnützig und damit steuerbegünstigt anerkannt ist. Das soll jedoch noch in diesem Jahr geschehen.

Die Vorsitzende des Historischen Vereins, Sybille Krafft, spricht vorerst lieber von einer "konstituierenden Sitzung" des neuen Vereins, der in der bisherigen Debatte stets als "Förderverein" firmierte, angesichts seiner Funktion aber künftig als "Trägerverein" auftreten soll. Denn nach der schnellen Absage der Stadt Wolfratshausen soll dieser Verein das geplante Zentrum zur Waldramer Orts- und Lagergeschichte aufbauen und betreiben, wofür man laut Krafft nun in aller Ruhe und Sorgfalt eine stabile Grundlage schaffen werde.

Die 15 Versammelten, darunter Historiker ebenso wie Kaufleute und Experten für Bau- und Rechtsfragen, entwarfen in viereinhalb Stunden ein rundes Dutzend Arbeitsgruppen, die sich der verschiedenen Aspekte des Projekts annehmen sollen. Die intensivste Arbeit wird zunächst einerseits den Strukturen des Vereins samt der zugehörigen Rechts- und Satzungsangelegenheiten gelten und andererseits dem verfeinerten Konzept für die Dokumentations- und Begegnungsstätte.

Diese soll die Geschichte Waldrams von der in der Nazizeit errichteten Mustersiedlung Föhrenwald über das Zwangsarbeiterlager für die Rüstungsindustrie und das Auffanglager für heimatlos gewordene Juden bis hin zur heutigen Wohnsiedlung darstellen. Ein Teil der geplanten Ausstellung könnte sich aus Exponaten speisen, die bis vor kurzen in einer Sonderschau des Jüdischen Museums in München über das DP-Lager Föhrenwald zu sehen waren.

Außerdem soll das durch den Einsatz der beiden Vereine vom Abriss bewahrte Haus am Kolpingplatz irgendwann die Wanderausstellung des Historischen Vereins über eine jüdische Mädchenschule in Wolfratshausen beherbergen. Diese Ausstellung tourt seit Jahren durch Deutschland und macht derzeit im Kunstbunker in Geretsried Station.

Ein Stadtarchiv spielt in den Plänen für Waldram nach dem Ratsbeschluss für einen Neubau an der Loisach keine Rolle mehr. Man sei aber flexibel genug, die eigenen Pläne anzupassen, wenn die Stadt aus irgendeinem Grund ihre Meinung ändern sollte, sagt der Siedler-Vorsitzende Wolfgang Saal. Wenn die Stadt einen Teil der 600 Quadratmeter Nutzfläche in dem früheren Badehaus für ihr Archiv übernommen hätte, dann hätte dies die Finanzierung des Dokumentationszentrums nach Saals Überzeugung sehr erleichtert.

Nun soll sich eine eigene Arbeitsgruppe um Fördergeld von öffentlichen Stellen und Stiftungen bemühen. Einen erhebliche Anteil erhoffen sich Saal und Krafft jedoch weiterhin von der Stadt, die örtlichen Vereinen üblicherweise Zuschüsse von bis zu 50 Prozent der Investitionskosten gewährt. Dies haben der Bürgermeister und verschiedene Stadträte auch für Waldram in Aussicht gestellt, einen Beschluss dazu gibt es aber noch ebenso wenig wie eine Kostenschätzung. Mit weniger als einer Million Euro ist für das Projekt jedoch kaum zu rechnen.

Bei der Gründung des Trägervereins soll die Stadt nach Saals Worten zunächst außen vor bleiben. Eine spätere Mitgliedschaft der Stadt sei aber vermutlich ebenso denkbar wie die ganzer Vereine. Vor allem aber soll auch der Trägerverein nicht nur Vereine als Mitglieder haben, sondern Menschen, die sich für das Zentrum engagieren wollen. Von den Bürger erhoffe man sich außerdem weitere Anregungen, sagt Saal.

Als ermutigendes Zeichen nehmen er und Krafft, dass sie jüngst innerhalb von zwei Tagen 130 Menschen dazu bewegen konnten, am Badehaus mit Putz- und Arbeitsgerät für eine Aufnahme zu posieren, mit dem die Vereine einen Fotowettbewerb gewinnen und das Preisgeld für ihr Projekt einstreichen wollen.

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