Die Bewohnerinnen und Bewohner des Maro-Hauses an der Sauerlacher Straße in Wolfratshausen haben mit der Gegenwart ihrer Hausgemeinschaft eigentlich genug zu tun. In Arbeitsgruppen befassen sie sich mit Themen des Zusammenlebens im Mehrgenerationenhaus, vom Garten über die Werkstatt bis zur Hauswirtschaft. Das Thema aber, das sie seit Monaten am meisten umtreibt, ist ihre Zukunft: Die Maro musste wegen einer geplatzten Finanzierung für ein Bauprojekt im Landkreis Ebersberg im Frühjahr Insolvenz anmelden, der Fortbestand der Genossenschaft bleibt trotz politischer Appelle von allen Seiten ungewiss.
Am Montagvormittag bekamen die Mieter in Wolfratshausen nun Besuch, der ihnen zu besserem Schlaf verholfen haben könnte: Florian Streibl, der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler im Landtag, kam vorbei und betonte, dass die Rettung der Maro erklärtes Interesse des bayerischen Landtags sei. Und der Wolfratshauser Bürgermeister Klaus Heilinglechner (BVW) sagte ihnen, dass wohl selbst im schlimmsten Fall eines Heimfalls der Immobilien niemand aus den 24 Wohnungen ausziehen müsse.
16 Mieterinnen und Mieter sowie ein Hund empfingen Streibl, der, wie er sagte, neugierig geworden war und sich das Mehrgenerationenhaus selbst einmal ansehen wollte. Haussprecherin Elisabeth Gramüller entschuldigte sich für den Gemeinschaftsraum im Erdgeschoss, der kaum Sitzgelegenheiten bot. Ohne die Insolvenz wäre der längst fertig, sagte sie. „Das ist blöd gelaufen.“ Im Innenhof des Komplexes zwischen dem Neubau und dem sanierten Altbau erklärten die Bewohner, wie sie zur Maro gekommen waren: Gramüller hatte ihre Wohnung in Münchnen-Haidhausen wegen Eigenbedarfs räumen müssen, Marianne Bendl hingegen wollte unbedingt in ein Mehrgenerationenhaus und ist deshalb schon seit zehn Jahren Maro-Mitglied, wie sie erzählte. Vor vier Monaten zog sie mit ihrem Mann von Grafing nach Wolfratshausen. Eine einheimische Bewohnerin berichtete, dass sie wegen schlechter Erfahrungen als Mieterin in die Genossenschaft eingestiegen sei.
Streibl erfuhr, dass 15 der 24 Wohnungen nach einkommensorientierter Förderung vergünstigt sind und es zudem zwei Gewerbe in dem Komplex gibt; dass die Bewohnerinnen und Bewohner sich schon vor ihrem Einzug kennengelernt und immer wieder getroffen hatten; dass sie etwa auch die Gestaltung des Gemeinschaftsraums gemeinsam beschlossen hatten; und dass sie sich nicht nur in Arbeitsgruppen um die Belange des Zusammenlebens kümmern, sondern sich auch sonst als Gemeinschaft begreifen. „Alte und junge Leute helfen einander“, erklärte Bendl die Vorzüge im Mehrgenerationenhaus. „Man kann beruhigt alt werden.“
„Ich habe immer gedacht, eine Genossenschaft ist ein sicherer Hort“
Der Landtagsabgeordnete bekam in der Gesprächsrunde aber auch die Furcht zu spüren, dass die Gemeinschaft „einfach verpufft“, wie Bendl sagte. Dabei hätten viele ja ihre gesamten Ersparnisse in Maro-Anteile gesteckt. „Ich habe immer gedacht, eine Genossenschaft ist ein sicherer Hort“, sagte Manfred Freisinger. „Etwas, wo die kleineren Leute beruhigt was einzahlen können. Auf einmal hab’ ich lernen müssen: Hoppla, das ist eigentlich was ganz anderes.“
Streibl berichtete von dem Dringlichkeitsantrag für einen Beschluss, den seine Fraktion gemeinsam mit der CSU am 17. Juli im Maximilianeum gestellt hatte. „Der Landtag steht zum Modell des genossenschaftlichen Wohnens als tragende Säule der Wohnraumversorgung“, heißt es darin. Im Insolvenzverfahren vermittelt inzwischen die Landesbodenkreditanstalt bei den beteiligten Banken. Man begrüße den Einsatz der Staatsregierung für die Maro und fordere einen Bericht über die Aktivitäten im Landtag. Dies sei „ein großes Signal“, dass sich der Landtag für das Modell des genossenschaftlichen, generationsübergreifenden Wohnens einsetze, sagte Streibl. Der Beschluss solle „den Leuten auch Mut machen, zu investieren“ – und damit die Lücke zu schließen von drei Millionen Euro an Eigenkapital, die der Maro laut eigenen Angaben noch fehlen.
„Wenn die Maro wegbricht, wäre das ein schlechtes Signal für die Gesellschaft“
Streibl zeigte sich gerührt von dem„Biotop der Liebenswürdigkeit“, wie er die Hausgemeinschaft in Wolfratshausen nannte. Es handle sich um eine „ganz faszinierende Lebensform generationsübergreifenden Wohnens“, die in Zeiten der Vereinsamung und des Egoismus „zukunftsweisend“ sei. „Wenn die Maro wegbrechen würde, wäre das ein schlechtes Signal für unsere Gesellschaft“, erklärte er. Für Oktober rechnet Streibl mit einem Bericht der Staatsregierung, bis Ende des Jahres müsse man eine Lösung finden, um die Genossenschaft zu erhalten.
Dass die von Unterstützern geforderte „Maro 2.0“ zustande kommt, wünscht sich auch Heilinglechner. In Wolfratshausen sei man aber in der glücklichen Lage, dass die Wohnungen vor der Insolvenz fertiggestellt und vollständig vermietet waren. Weil sie auf in Erbpacht vergebenem städtischen Grund stehen, beruhigte der Bürgermeister die Bewohner. Zwar müsse der Stadtrat entscheiden, wie es bei einem Heimfall mit dem Objekt weitergehe. Er könne sich aber nicht vorstellen, dass die Stadt den Mietern kündigen werde.