Wolfratshausen:Lokalpolitiker will Monster-Parkhaus auf der Loisach bauen

Wolfratshausen: So könnte der Bau aussehen - im Vordergrund die Andreasbrücke über die Loisach, hinten das Heimatmuseum und die Altstadt.

So könnte der Bau aussehen - im Vordergrund die Andreasbrücke über die Loisach, hinten das Heimatmuseum und die Altstadt.

(Foto: Alfred Fraas/og)

Platz für 264 Autos, bis 15 Meter hoch, quer über den Fluss: Das schwebt CSU-Stadtrat Alfred Fraas vor. Manche Wolfratshauser sind fassungslos.

Von Konstantin Kaip und Claudia Koestler

Dass in Altstadtnähe mehr Parkplätze geschaffen werden müssen, ist Konsens im Wolfratshauser Stadtrat. Das gilt schließlich als Bedingung dafür, die Umgestaltung des westlichen Loisachufers endlich anzugehen. Über die Frage, wie und wo wird aber seit Jahren debattiert. Nun hat der CSU-Stadtrat Alfred Fraas eine tollkühne Idee entworfen, die er am Donnerstagabend auf einer Veranstaltung seiner Partei präsentiert hat: eine Brücke mit Parkhaus über die Loisach, zwischen Andreasbrücke und Sebastianisteg, acht Halbgeschosse, also vier Stockwerke hoch, mit insgesamt 264 Parkplätzen.

In dem zehn bis 15 Meter hohen Gebäude über dem Fluss sollen zudem all die Einrichtungen unterkommen, die für das Gebäude am Untermarkt 10 vorgesehen waren, das die Stadt nun an einen Investor vergeben will - etwa das Büro eines Citymanagers, Andenkenladen und Touristeninformation. Zudem könnten in dem Bau mit 750 Quadratmetern Nutzflächen Läden Platz finden, auf dem Dach ein Veranstaltungsraum oder Gastronomie.

Ein "Gedankenspiel", nannte Fraas die Parkbrücke, die er nach einer Idee von Harald Thomas grafisch ausgestaltet und mit der Fassade des Rathauses versehen hatte. "Wir haben im Stadtrat gesagt, es darf keine Denkverbote geben", erklärte die CSU-Ortsvorsitzende und Ehefrau des Ideengebers, Susanne Thomas. Laut Fraas löst die Parkbrücke nicht nur das Raumproblem der Stadt, sondern bietet viele andere Vorteile: Die Parker hätten kurze Wege, 100 Meter zum Isarkaufhaus, zudem könne das Bauwerk "fast kostenneutral" errichtet werden. Fraas rechnet mit 7000 bis 10 000 Euro pro Parkplatz, insgesamt also etwa 2,6 Millionen Euro. "Das müssen Sie mindestens verdoppeln", prophezeite allerdings Johannes Schneider.

Bei den Gästen, darunter auch Vertreter von SPD und BVW, gingen die Reaktionen weit auseinander. "Als Kleinod haben wir den Blick auf die Loisach", sagte Armin Drexl. "Dieses Projekt würde Wolfratshausen optisch kaputt machen." Deshalb müsse man es "schnellstmöglich beerdigen". Wilfried Kohl sprach hingegen von einer "Bombenidee". Um die Stadt zu beleben und "junge Leute und Menschen mit Geld" anzuziehen, müssten die Verantwortlichen "die vier As in den Vordergrund rücken: 'alles anders als andere' zu machen". Der Bau könne "ein Katalysator" für die Zukunft Wolfratshausens sein. Keine andere Stadt habe eine solche Parkbrücke. Der Zweite Bürgermeister Fritz Schnaller (SPD) sagte, ihm sei es zunächst gegangen wie Drexl: "Das ist ein Wahnsinn, ein kommunalpolitischer Selbstmord." Inzwischen sei er aber der Ansicht, man solle "zumindest darüber nachdenken". Die Stadt brauche schließlich eine bezahlbare Lösung. "Irgendeine Kröte müssen wir schlucken." Außerdem sehe die Parkbrücke "doch gut aus". Womöglich könne dort auch das Heimatmuseum unterkommen. Entscheidend sei, darin stimmten alle überein, was die Bürger dazu sagen.

Der Bürgermeister äußert sich diplomatisch zu Fraas' Vorstoß: "Natürlich hat jeder Stadtrat die Möglichkeit, seine eigenen Ideen zur Stadtentwicklung einzubringen", sagt Klaus Heilinglechner (BVW). "Ich bin gespannt auf die Reaktionen der Bevölkerung." Er könne sich noch gut an den "Aufschrei" erinnern, als am Loisachufer ein Neubau für das Stadtarchiv entstehen sollte. Der wurde schließlich in einem Bürgerentscheid mit 70 Prozent abgelehnt. Wer nun die Parkbrücke gutheiße, sagt Heilinglechner, der habe "die Archiv-Diskussion nicht verstanden". Das Bauwerk sei nicht nur problematisch wegen des FFH-Gebiets, in dem es entstehen soll, sondern beeinflusse "schon extrem die Sicht auf Altstadt und Loisach". Es gebe nicht viele Innenstädte, durch die ein Fluss fließe. "Wir haben zwar eine Platznot", sagt Heilinglechner. "Aber deshalb den Fluss zu verbauen, halte ich zumindest für zweifelhaft."

Der Verein "Lebendige Altstadt" (LAW) übt indes deutliche Kritik an dem Vorschlag. "Bewirbt sich Herr Fraas damit um den Orden wider den tierischen Ernst?", fragt der LAW in einer Stellungnahme. "Damit wird die Parkplatzfrage in den Himmel gehoben und die Stadt erschlagen", sagt Dietlind Diepen vom Vorstand. "Die Leute lieben diese Uferpromenade und den herrlichen Blick, wenn sie über die Brücke gehen. Mit diesem Klotz wäre das alles weg." Fraas' Initiative sei für einen Stadtrat "wirklich traurig", findet Diepen. Die Diskussion darüber raube viel Energie und Zeit für eine wichtige Entscheidung. "Solche Fantasieprojekte lassen an der ernsthaften Auseinandersetzung mit wichtigen Themen wie Stadtentwicklung und Parkraum zweifeln."

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