Konzertverein Isartal:"Beethoven hätte sich am Schlagwerk ausgelebt"

Konzertverein Isartal: "Schließen Sie die Augen und lassen Sie sich mitnehmen": Christian Benning lädt seine Gäste dazu ein, sich auf Transformationen einzulassen.

"Schließen Sie die Augen und lassen Sie sich mitnehmen": Christian Benning lädt seine Gäste dazu ein, sich auf Transformationen einzulassen.

(Foto: af-Images Alexander Frank/OH)

Christian Benning kommt mit seinem Percussion-Ensemble in die Wolfratshauser Loisachhalle. Im Gepäck: Die Mondscheinsonate und an die 80 Instrumente.

Von Stephanie Schwaderer

Geige, Cello, Klavier? Alles nichts für Christian Benning. Denn er will klopfen, trommeln, den Rhythmus spüren. Der 26-jährige Multipercussionist und Tassilo-Preisträger aus Dachau hat sich in der progressiven Schlagzeugszene einen Namen gemacht. Nach Auftritten in der Hamburger Elbphilharmonie, in der ägyptischen Staatsoper oder im königlichen Opernhaus im Oman hat er derzeit ein Engagement als Pauker an der Oper von Port Louis und wirkt als Dozent am nationalen Konservatorium von Mauritius. Am Samstag, 19. Februar, kommt er mit Felix Kolb, Marcel Morikawa, Godwin Schmid und Patrick Stapleton als Percussion-Quintett in die Wolfratshauser Loisachhalle.

SZ: Herr Benning, brauchten Ihre Eltern gute Nerven, als Sie klein waren?

Christian Benning: Ganz bestimmt! Die haben sie auch vielfach unter Beweis gestellt, wofür ich ihnen sehr dankbar bin. Meine schlagzeugerischen Ambitionen haben unter anderem dazu geführt, dass wir umgezogen sind, als ich fünf Jahre alt war.

In ein freistehendes Haus?

In ein Haus mit sehr gut isoliertem Keller. Auch wenn es darum ging, dass ich zum Unterricht oder zu einer Probe musste, waren sie immer zur Stelle. Ich konnte ja nicht einfach meine Flöte oder Geige nehmen und in die S-Bahn steigen. Das war oft ein sehr großes Instrumentarium, das transportiert werden musste, auch zu Konzerten und Wettbewerben in ganz Europa oder in den Urlaub.

In den Urlaub?

Ja, wir haben irgendwann nur noch in Ferienhäusern Urlaub gemacht, wo ich auch Krach machen konnte. Ich hatte mein Schlagzeug dabei und meist auch das Marimba, allerdings ohne Resonatoren.

Wenigstens mussten Ihre Eltern Sie nie ermahnen zu üben.

Nein, das habe ich immer aus eigenem Antrieb getan, aus Lust und Verspieltheit, die ich mir zum Glück bis heute bewahren konnte. Da ist immer eine gewisse Neugier auf Rhythmen und Klänge und die Freude daran, künstlerisch ganz neue Wege zu gehen.

Mit Ihrem Ensemble greifen Sie gerne Werke großer Komponisten auf. In Wolfratshausen werden Sie drei Stücke von Beethoven spielen, warum?

Ein Reiz liegt darin, diese Stücke spielbar zu machen - mit einem Instrumentarium, das es damals noch gar nicht gab - und gleichzeitig die Zeitlosigkeit dieser wunderbaren Musik darzustellen. Zum großen Beethoven-Jubiläumsjahr wollten wir uns mindestens ein Stück erarbeiten - und dann ist ein ganzes Programm daraus geworden: Beathoven. Drei Arrangements spielen wir auch in der Loisachhalle.

Konzertverein Isartal: Die Christian Benning Percussion Group macht in Wolfratshausen Station.

Die Christian Benning Percussion Group macht in Wolfratshausen Station.

(Foto: af Images - Alexander Frank/OH)

Wie klingt Beathoven?

Wir lassen melodische Instrumente wie Marimbas und Vibraphone mit Drumset verschmelzen und kombinieren zudem verschiedenste Musikstile miteinander. Die Basis liegt immer im Original, ob es das Scherzo aus der 9. Sinfonie ist oder die Mondscheinsonate. Aber dann wird das Ganze auch transformiert. Die Musikgeschichte hat in den vergangenen 250 Jahren seit Beethoven neben der Weiterentwicklung von Musikinstrumenten ja auch eine Vielzahl zusätzlicher Genres hervorgebracht, die wir in dessen Musik einfließen lassen - und hoffen, dass er sich dabei nicht im Grab umdreht.

Denken Sie, Beethoven hätte mehr Schlagwerk eingesetzt, wenn es damals schon zur Verfügung gestanden hätte?

Davon bin ich überzeugt. Und es ist eine der Fragen, die wir uns beim Arrangieren tatsächlich stellen: Wie hätte Beethoven damals komponiert, wenn er auf diese Instrumente hätte zurückgreifen können?

Was hätte er wohl gespielt? An welchem Instrument sehen Sie ihn?

Ich vermute, er hätte sich am gesamten Schlagwerk ausgelebt und an Marimba und Vibraphon besondere Freude gehabt.

Wie reagieren klassische Konzertgänger auf das Programm?

Das ist gewiss ein Wagnis. Wir wollen einen klassischen Konzertgänger nicht vergraulen, sondern im Gegenteil ermutigen, sich auf diese Transformation einzulassen. Bei allen Konzerten, die wir bislang in Europa gegeben haben, ist es uns glücklicherweise gelungen, das Publikum mit unseren Interpretationen abzuholen. Für manche klingt es sicher abschreckend, wenn man sagt: Wir haben als reines Schlagzeugensemble die Mondscheinsonate für Sie vorbereitet. Aber ich sag dann immer: Schließen Sie die Augen und lassen Sie sich mitnehmen.

Dann würde man aber etwas verpassen. Auf der Bühne ist bei Ihnen ja einiges los.

Stimmt. Das ist auch das Besondere an Schlaginstrumenten, dass man so viele Möglichkeiten des Aufbaus und der Kombination hat, aber es ist schon auch immer eine gewisse Materialschlacht.

Wie viele Instrumente kommen in der Loisachhalle zum Einsatz?

Ich schätze, 70 bis 80. Wir werden zu fünft sein und in verschiedenen Formationen spielen, vom Duo bis zum Quintett. Neben Arrangements haben wir Werke zeitgenössischer Komponisten im Programm, die explizit für diese Besetzung geschrieben sind, so dass auch das Schlagzeugpublikum auf seine Kosten kommen wird.

Wenn man mit Mitte Zwanzig in der Elbphilharmonie gefeiert wird - was kann dann noch kommen?

Das Schönste für mich ist es, mit der Musik zu reisen, der zwischenmenschliche und interkulturelle Austausch. Wenn man monatelang geprobt, komponiert und aufgenommen hat und das dann hinaustragen und die Freude am Musizieren teilen kann. An Visionen und Ideen für Projekte mangelt es mir nie, wenn dann leider nur an der Zeit.

Christian Benning Percussion Group: Samstag, 19. Februar, Loisachhalle, Wolfratshausen, Beginn um 17 und 19.30 Uhr, Karten zu 30 Euro (ermäßigt 15 Euro) gibt es an der Abendkasse

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