Süddeutsche Zeitung

Gedenkveranstaltungen:Literatur in größerem Rahmen

Veranstaltung zum Gedenken an die Bücherverbrennung findet heuer in der Loisachhalle statt. Gäste sind unter anderen Markus H. Rosenmüller, Gisela Schneeberger, Jan Weiler und Klaus Doldinger.

Von Benjamin Engel, Wolfratshausen

Oskar Maria Graf, der ein brennendes Buch mit seinem Konterfei vor den Kopf hält: Mit diesem Motiv des Malers Mathias Prechtl werben die Organisatoren für die Veranstaltung zu 82 Jahren Bücherverbrennung, die in diesem Jahr erstmals in der Wolfratshauser Loisachhalle stattfindet. Angesichts der vielen prominenten Künstler, die aus Werken zur Nazi-Zeit verfemter Autoren lesen und den Abend musikalisch begleiten, erschien die bisher genutzte Geltinger Kulturbühne "Hinterhalt" zu klein.

Klaus Doldinger, Maria Peschek, Markus H. Rosenmüller, Gisela Schneeberger, Jan Weiler und Hans Well gehören zu den Mitwirkenden. Schüler aus dem Landkreis werden die Vita der Autoren vorstellen. Der Erlös des Benefizabends kommt dem Verein "Bürger fürs Badehaus Waldram-Föhrenwald" und der dort geplanten Gedenkstätte zugute. Gerade, dass sich viele weiterführende Schulen von Gymnasien, Real- und Mittelschulen bis hin zur Montessori-Schule aus Biberkor und der Waldorfschule beteiligen, ist Badehaus-Vereinsvorsitzende Sybille Krafft wichtig. "Wir wollen das Gedenken an die junge Generation weitergeben, damit diese weitermacht." Es sei den Schülern freigestellt, wie sie die Autoren dem Publikum näherbrächten, ob als Rap oder in Vortragsform. Künstlerisch und finanziell sei es ein Wagnis, mit der Benefizveranstaltung am 10. Mai in die Loisachhalle zu gehen. Doch die Stadt Wolfratshausen wolle das Vorhaben finanziell unterstützen, sagt Krafft.

Mit der Lesung erinnern die Künstler und Organisatoren an den 10. Mai 1933. Damals verbrannten die Nationalsozialisten nur kurze Zeit nach der Machtübernahme Werke jüdischer oder ihnen sonst nicht genehmer Autoren auf dem Königsplatz. Etwa 50 000 Münchner Bürger beteiligten sich. Die Nationalsozialisten erklärten die Autoren zu "Reichsfeinden". Daran erinnert auch das Motiv der Benefizveranstaltung - Graf mit dem brennendem Buch. Denn die Werke des Schriftstellers aus Berg standen nicht auf der Liste der Autoren, die verbrannt wurden. Mit ihnen erklärte er sich in seinem Appell "Verbrennt mich!" solidarisch.

Mit der Veranstaltung greifen die Betreiber der Geltinger Kulturbühne seit einigen Jahren die Idee des Münchner Künstlers Wolfram Kastler auf, der immer am 10. Mai in München zur Lesung lädt. Begonnen hat Hinterhalt-Wirtin Assunta Tammelleo mit Lokalprominenz. In diesem Jahr wird Gerd Baumann, Komponist der Filme von Rosenmüller, in der Wolfratshauser Loisachhalle ein Stück vertonen. Der Saxofonist Klaus Doldinger tritt mit dem Percussionisten Biboul Darouiche und dem Bassisten Patrick Scales auf. Der Wolfratshauser Kinderchor singt Lieder verfemter Komponisten. Schirmherren sind Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, die evangelische Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler sowie Domdekan Lorenz Wolf.

Die Mitwirkenden lesen je fünf Minuten aus einem der verbrannten Werke. Musikalisch beteiligen sich auch Josef Brustmann und Tammelleo. Weitere Mitwirkende sind Peter Probst, Wolfgang Ramadan, Rachel Salamander, Michael Skasa, Franziska Sperr, Claus Steigenberger, Johano Strasser und das Trio Zakk. Im Foyer der Loisachhalle wird die Ausstellung "Die Kinder vom Lager Föhrenwald" gezeigt. Nach dem Zweiten Weltkrieg lebten dort heimatlos gewordene Juden.

Gedenken an die Bücherverbrennung, Sonntag, 10. Mai, 19 Uhr, Loisachhalle, Eintritt: 25 Euro, Karten im Wolfratshauser Bürgerbüro oder unter www.muenchenticket.de

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.2439701
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 18.04.2015
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.