Die Welle reiten, mitten in der Stadt. Die Wogen beherrschen, direkt an der Loisach. Raus aus der Haustüre, das Surfbrett unter dem Arm und dann nur wenige Minuten bis zum Wasser. Sich ein wenig fühlen wie an der französischen Atlantikküste, hier in Bayern. Viele Surfer in Wolfratshausen und Umgebung ersehnen, was München schon lange hat: eine stehende Surfwelle. Vor mehr als zwei Jahren kam die Idee dazu auf, im Juli haben die Initiatoren des Surfprojekts gemeinsam mit der Stadt zu einer Umfrage im Internet aufgerufen: Besteht ausreichend Interesse an solch einer Welle? Diese Frage lässt sich wohl klar mit Ja beantworten.
Die Ergebnisse der Studie liegen nun vor, mehr als 2500 Leute haben mitgemacht, davon wollen 60 Prozent das Surfen auf der Loisach einmal ausprobieren. Fast 20 Prozent finden die Welle laut Umfrage "super", obwohl sie selbst nicht aufs Brett steigen möchten. Etwa drei Viertel der Umfrageteilnehmer waren zudem schon einmal surfen, egal ob im Meer oder im Fluss. Die meisten wollen am Abend und am Wochenende die Welle reiten und natürlich überwiegend im Sommer.
"Wir wollen die Welle deshalb vor allem an Samstagen und Sonntag anbieten", sagt Gisela Gleißl, bei der Stadt Wolfratshausen zuständig für Tourismus und Wirtschaftsförderung. Auf die Abende konzentriere man sich weniger, damit sich Anwohner nicht gestört fühlten. Allerdings denke man darüber nach, etwa am Montagvormittag die Welle in Betrieb zu nehmen - an diesem Tag seien gewöhnlich wenig Flöße auf dem Wasser, es gebe also nur geringe Sicherheitsrisiken, wenn Surfer und Flößer gleichzeitig unterwegs seien.
Ob an einem Montagvormittag aber genügend Leute Zeit zum Surfen haben, ist eine andere Frage. Denn die wenigsten der Befragten sind unter 18 Jahre (acht Prozent), die meisten sind dagegen zwischen 25 und 35 Jahren alt (33 Prozent) und vermutlich berufstätig. Gleißl meint, aufgrund flexibler Arbeitszeiten könne man schließlich auch "erst ein, zwei Stunden surfen und dann weiter ins Büro gehen".
Die Stadt erhofft sich von der Welle im Wasser auch eine Besucherwelle, mehr Leben in der Stadt, mehr Einnahmen. Über 60 Prozent der Befragten nutzen der Umfrage zufolge bisher nämlich kein einziges Freizeitangebot in Wolfratshausen. Man will sich eine Zielgruppe erschließen, für die das Flößerstädtchen bisher noch wenig attraktiv ist - obwohl die Leute dort oder in der Nähe wohnen. Knapp mehr als die Hälfte der Teilnehmer nämlich lebt in Wolfratshausen und in einem Umkreis von zehn Kilometern; sie kämen womöglich öfters zum Surfen an der Loisach vorbei.
In der Vergangenheit wurde bereits eine Machbarkeitsstudie durchgeführt, technisch ist das Projekt demnach umsetzbar, die Kostenbelaufen sich ersten Schätzungen zufolge auf etwa 300 000 Euro. Doch für die Welle muss genügend Wasser durch den kanalisierten Auslauf der Weidachmühle in den Fluss strömen - bislang ist das nicht der Fall. Alles hängt also von dem Kraftwerksbetreiber in der Mühle ab, mit dem die Stadt derzeit verhandelt. "In den nächsten vier Wochen werden wir ihm aufgrund der Umfrageergebnisse einen Vorschlag unterbreiten", sagt Gleißl. Spätestens Ende des Jahres soll dann feststehen, ob das Projekt weiter verfolgt wird oder nicht. Ob Wolfratshausen zu einem neuen Anlaufziel für Surfer wird - oder das weiterhin München überlasst und all den anderen bayerischen Orten, die momentan nach einer perfekten Welle streben. Wolfratshausen ist nämlich bei weitem nicht der einzige Ort mit solchen Plänen. Auch das niederbayerische Passau und das fränkische Nürnberg etwa würden in Zukunft gerne mit einer Welle mehr Menschen an ihre Flüsse locken.