Süddeutsche Zeitung

Verlust fürs Kulturleben:"Kunstturm" steht vor dem Aus

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Der Kulturverein Isar-Loisach wird seine Ausstellungsstätte am Wolfratshauser Schwankl-Eck wohl im März räumen müssen. Für eine Fortführung fehlt dem Team das Geld.

Von Wolfgang Schäl, Wolfratshausen

Für Freunde der Kunst ist es eine schlechte Nachricht: Aller Voraussicht nach wird der Kulturverein Isar Loisach (KIL) Ende März sein Refugium im sogenannten Kunstturm am Wolfratshauser Obermarkt aufgeben. Als Grund nennt die Vorsitzende des Vereins, Assunta Tammelleo "fehlende Planungssicherheit", genauer gesagt: Es fehlen regelmäßig eingehende finanzielle Mittel, um Miete und Kosten auf längere Sicht kontinuierlich bestreiten zu können. "Uns sind leider die Hände gebunden", bedauerte Tammelleo bei einem Pressetermin im Kunstturm den Rückzug aus dem historischen, am Schwankl-Eck ideal gelegenen und von den räumlichen Gegebenheiten her optimalen Veranstaltungsort.

An den Vermietern Monika und John Schille habe es jedenfalls nicht gelegen, erklärte Tammelleo. Beide seien dem KIL immer so weit wie irgend möglich entgegengekommen und selbst "todunglücklich" über die jetzige Situation. Dass es dazu einmal kommen könnte, war den engagierten Helfern seit der Eröffnung im Herbst 2020 angesichts der Abhängigkeit insbesondere von regelmäßig fließenden städtischen Zuschüssen klar gewesen.

Dass die Spenden für Veranstaltungen im Kunstturm nicht ausreichend geflossen sind, macht Tammelleo angesichts der widrigen Umstände - Pandemie, Inflation und Ukraine-Krieg - niemandem zum Vorwurf. "Wir basteln jetzt elf Jahre am Kulturprogramm und sind nach wie vor unverzagt", versichert die Kil-Vorsitzende, die auch Stadträtin der Grünen in Wolfratshausen ist. Mit dem Kriegsbeginn seien viele Spenden in andere Richtungen geflossen, wofür man absolut Verständnis habe, viele private Sponsoren benötigten ihr Geld auch selbst.

Bei der Gelegenheit würdigt Tammelleo die stete finanzielle Unterstützung durch die Stadt Geretsried und das Engagement der vielen ehrenamtlichen Helfer. "Wir bleiben gemäßigt optimistisch", beschreibt sie die aktuelle Stimmungslage beim Kunstturm-Team, wenngleich man natürlich "todtraurig" sei über eine Schließung angesichts der idealen Bedingungen im historischen Schwankl-Eck. Der Kunstturm, da ist sich Tammelleo sicher, sei "die schönste Galerie im Oberland" und ermögliche auch Veranstaltungen, für die sich der "Hinterhalt" wenig eigne, so etwa Ausstellungen. Die Geltinger Kunstbühne wiederum biete Vorteile als "klassische Bühne", also für Theaterinszenierungen. Die Bildende Kunst dagegen benötige viel Platz.

Die Bilanz, die der Kunstturm mit seinen fast 30 ehrenamtlich Aktiven in den Jahren seit 2020 vorlegen kann, ist beachtlich. Allein rund 500 Arbeitsstunden entfallen in diesen zweieinhalb Jahren auf den Auf- und Abbau von Ausstellungen, 220 Stunden auf den Kontakt mit Künstlern, auf Pressearbeit und Social Media. Dazu kommen die vielen Vorstandssitzungen, Bürgersprechstunden für politischen Austausch, Vereinsbesprechungen, Chorproben und Gesangsunterricht. In seiner Bestandsaufnahme verweist der Verein auch darauf, dass viele Künstler, Mitglieder und Besucher die umliegenden Geschäfte und Gastronomiebetriebe nutzen und sich der Betrieb damit auch positiv auf das öffentliche Leben auswirke.

Zur Belebung der Marktstraße trug auch die Präsentation von Kunstwerken in den Schaufenstern bei. Zu den am meisten frequentierten Veranstaltungen zählte die Ausstellung "Frauenpower", die Ute Patel-Mißfeld anlässlich des Weltfrauentags zusammengestellt hatte: 132 Besucher besichtigten die Exponate. Noch mehr Interesse fand mit 146 Besuchern die Ausstellung der drei syrischen Künstlerinnen Salam Alktefan, Myriam Al-Obaid und Samah Alktefan, die Exponate unter der Rubrik "Schwarz, Rot, Bunt" zusammengetragen hatten. 183 Gäste schließlich besuchten die Ausstellung "Grenzenlos" des aus Nordkorea geflüchteten Künstlers Sun Mu. Insgesamt wurden dem Bericht zufolge in 21 Ausstellungen 2500 Besucher gezählt.

Bis zum Finale Ende März werde man nun noch ein Restprogramm auf die Beine stellen, kündigte Tammelleo an, die unverrückbar an ihrem wenn auch verhaltenen Optimismus festhält. "Kunst wird immer gebraucht", sagt sie. "So sehe ich das."

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