Süddeutsche Zeitung

In Wolfratshausen:Wellness mit John Lennon

Die Sängerin Claudia Sommer unterrichtet künftig im "Kunstturm" am Schwankl-Eck.

Von Felicitas Amler, Wolfratshausen

Warum machen wir's nicht einfach wie die Menschen in Thailand oder auf den Philippinen? "Alle singen dort", sagt Claudia Sommer. "Das ist gang und gäbe." Die Frage: "Kann ich wirklich singen, treffe ich den Ton?" sei ziemlich deutsch, findet die ausgebildete Sängerin, die Gesang unterrichtet. Hoffnungslose Fälle kennt sie nicht. Wer zu ihr komme, habe Freude am Singen, das sei doch die beste Voraussetzung, um es zu lernen. Und das können Interessierte jetzt bei Sommer im "Kunstturm" am Schwankl-Eck in Wolfratshausen. Dort, wo der Kulturverein Isar-Loisach (KIL) Räume für Ausstellungen, Theater und Musik geschaffen hat.

Claudia Sommer ist in Wolfratshausen von vielen Auftritten her bekannt. Mal lädt sie zu einem Mitsingen in die evangelische Kirche Sankt Michael in Wolfratshausen ein, mal tritt sie beim Sommerfest der Kulturen im Garten der Stadtbücherei auf oder bei der Verleihung des Dörte-Sambraus-Preises der Inselhaus Kinder- und Jugendhilfe. Die 55-Jährige ist Profisängerin, in Wolfratshausen hat sie einen Chor begeisterter Laiensängerinnen gegründet, den sie selbst leitet: SommerSound. Sie schreibt auch eigene Lieder, etwa für ihre Auftrittsreihe "Reise nach Leben", die sie mit Peter Wegele am Piano, Tobi Weber oder Eric Stevens am Bass und Björn Kellerstrass am Schlagzeug unternimmt.

Bisher unterrichtet Sommer in Räumen an der Bahnhofstraße in Wolfratshausen. Doch jetzt hätten die Besitzer Eigenbedarf angemeldet, erzählt sie. Ihre Suche führte sie schließlich auch zum KIL, bei dem sie "offene Türen eingerannt" habe. Von Juli an wird sie jeweils montags, dienstags und mittwochs ganztägig im Obergeschoss des Kunstturms unterrichten. "Das ist ein perfekter Platz für uns, da gibt es auch eine kleine Bühne."

Das Gros ihrer Schülerschaft sei erwachsen, sagt Sommer; der Jüngste sei sieben Jahre alt, die Älteste achtzig. "Sie ist noch nicht lange bei mir. Aber sie sagt, sie habe immer davon geträumt, ihre Stimme zu trainieren. Jetzt habe sie sich einfach mal getraut." Das Training begann für die Achtzigjährige, die auch Gitarre spielt, gleich mit einem bekannten Song, "Brown eyed girl" von Van Morrison. Denn Sommer unterrichtet nicht klassischen Gesang, sondern Pop, Jazz und Gospel - "Unterhaltungsmusik", wie sie sagt.

Die Stunden für einzelne oder höchstens zwei Personen begännen - das ist wieder ganz alte Schule - mit Lockerungsübungen, Atem- und Stimmtraining. Dann gehe es aber "ziemlich schnell" ans Singen konkreter Stücke, denn das sei es ja, weswegen die Menschen zu ihr kämen. Die Carpenters und John Lennon nennt die Lehrerin als typische Beispiele. Gerade jetzt, in den Zeiten des Ukraine-Kriegs, erfülle etwa das Friedenslied "Imagine" die Bedürfnisse vieler, die zu ihr kämen. "Die Leute merken, dass Lieder Trost geben, dass sie vieles öffnen können und guttun." Singen sei eine Chance, sich vollkommen zu konzentrieren, sagt Sommer, da könne man nicht wie sonst so oft nebenbei an die Arbeit oder die Wäsche denken. "Viele empfinden das als sehr erholsam." Gerade erst habe sie einer Schülerin gratuliert, die genau seit zehn Jahren zu ihr komme. Man brauche zwar keine zehn Jahre, aber die Frau habe zu ihr gesagt, für sie sei das Singen "wie eine Therapie, wie Wellness".

Den Stil ihres Unterrichts hat Sommer sich aus verschiedenen Techniken zusammengestellt. Sie folge nicht einer bestimmten Schule, erklärt sie, sondern den individuellen Bedürfnissen der Schülerinnen und Schüler. "Mir ist es ein Herzensanliegen, Menschen dabei zu unterstützen, ihre unverwechselbare Sing- und/oder Sprechstimme optimal zur Entfaltung zu bringen", schreibt sie auf ihrer Website. Sie erlebe es häufig, dass Leute nach einiger Zeit erstaunt seien, wozu ihre Stimme fähig sei und wie viele verschiedenen Klangfarben sie zu bieten habe.

Am liebsten wäre es der Sängerin und Lehrerin, wenn von all diesen Farben am Schwankl-Eck auch einige nach draußen klängen. Sie öffne ja immer die Fenster ein wenig, zuletzt schon allein wegen Corona, sagt Sommer. Und rund um den Kunstturm, das sei doch so ein "trostloser Winkel", der könne schon etwas Melodische vertragen. "Vielleicht hört man draußen ein bisschen von unserer Musik."

www.claudiasommer.com

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5611604
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ/cjk
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.