Wolfratshausen/Kochel am See:Richter lässt sich überzeugen

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Prozess wegen Kennzeichenmissbrauchs wird eingestellt

Von Benjamin Engel, Wolfratshausen/Kochel am See

So dumm, gleich zweimal die Polizei zu passieren, wäre wohl kein Motorradfahrer, der sich wissentlich strafbar macht. So argumentierte ein 59 Jahre alter Tiroler, der vor dem Amtsgericht Wolfratshausenerklärte, er habe seine Maschine nicht absichtlich manipuliert. Bei einer Kontrolle auf der Kesselbergstraße Anfang April war der Mann Polizisten aufgefallen. Denn das Kennzeichen des Motorrads stand im Winkel von 60 Grad ab und war verschmutzt. Damit war es für Blitzer oder Polizistenaugen schwer zu erkennen. Die Beamten hatten den Mann bereits bemerkt, als er den Kesselberg vom Walchen- zum Kochelsee hinunterfuhr. Im Tal war der Motorradfahrer umgekehrt und von der Polizei gestoppt worden.

"Wenn ich Dreck am Stecken habe und weiß, dass ich illegal unterwegs bin, wäre ich dann noch einmal bei der Polizei vorbei?", fragte der Angeklagte im Prozess. Diese Argumentation überzeugte Richter Helmut Berger. Er stellte das Verfahren ein. Der Motorradfahrer soll 100 Euro an den evangelischen Kindergarten in Wolfratshausen zahlen. Nur weil der Angestellte aus Österreich gegen den Strafbefehl Einspruch eingelegt hatte, war öffentlich wegen Kennzeichenmissbrauchs verhandelt worden.

Die Maschine des Mannes war laut dessen Schilderung ganz neu, hatte nur 900 Kilometer auf dem Tacho. Am Tag der Polizeikontrolle habe er ausprobieren wollen, wie das Motorrad im Gelände funktioniere, berichtete er. Daher habe er auf der Tour eine kurze Runde im Schotter gedreht. Außerdem sei er einen Waldweg hinaufgefahren. Dadurch müsse die Halterung des Kennzeichens kaputtgegangen sein. So habe es dann um mehr als die erlaubten 30 Grad von der Maschine abgestanden. Das sei ihm nicht aufgefallen.

An der "Aussichtskurve" des Kesselbergs hatte sich die Polizei postiert. Einer der Beamten schilderte, dass der Motorradfahrer "relativ gemütlich" den Berg hinuntergefahren sei. Das verschmutzte Kennzeichen habe so schräg gestanden, dass es kaum zu lesen war. Als der Mann wieder herauffuhr, hatten ihn die Kontrolleure gestoppt. Der Polizist sagte, der Dreck an der Maschine spreche für eine Schotterfahrt.

Der Argumentation nichts von dem verbogenen Kennzeichen gewusst zu haben, glaubte der Richter. "Es ist nicht der alltägliche Fall, wie wir es am Kesselberg gewohnt sind", sagte er.

© SZ vom 06.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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