Umwelt-Debatte:Weniger heiße Luft bitte

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Eine Stadt mit Weitblick? Zumindest von oben – am Boden verzettelt man sich in Debatten über Chemtrails und Mähroboter. (Foto: Hartmut Pöstges)

Bei der Frage, wie Wolfratshausen vor den Folgen des Klimawandels zu schützen ist, sollten die Akteure endlich konkreter werden.

Kommentar von Finn Sanders, Wolfratshausen

Was haben der Sommer in Wolfratshausen und ein Diskussionsabend zum Schutz vor Klimafolgen gemeinsam? Eine Menge heißer Luft. Die wurde am Mittwochabend im Wirtshaus Flößerei serviert – hauptsächlich von politischer Seite. Dabei hatte der Abend vielversprechend begonnen, konkret und ideenreich: „Wolfratshausen vor Future“, der Verein „Lebendige Altstadt“ und der Bund Naturschutz präsentierten klare Vorschläge.

Aber statt Antworten auf drängende Fragen wie „Wie schützen wir die Stadt vor Hitzewellen und Starkregen?“ zu liefern, landete die anschließende politische Debatte bei überrollten Igeln. Ja, richtig, Igel. Manfred Fleischer (Liste Wor) sah in Mährobotern ein Klima-Problem. Klar, sie können fatal sein – für die Igel. Aber gegen die Folgen des Klimawandels ist dieser Beitrag ungefähr so hilfreich wie ein Bierdeckel als Sonnenschirm.

Und der Bürgermeister? Klaus Heilinglechner erklärte zwar stolz, dass er drei Seiten voll mit städtischen Maßnahmen für den Klimaschutz habe, doch „runterbeten“ wollte er sie nicht. „Das macht eigentlich keinen Sinn“, sagte er. Vielleicht wären die drei Seiten eine trockene Lektüre gewesen, aber besser das, als nasse Füße im Hochwasser.

Doch nicht nur der Bürgermeister verfehlte das Thema. Manfred Menke (SPD) war „ganz erstaunt“, als er in seinem Wahlprogramm tatsächlich Vorschläge zur Umsetzung von mehr Begrünung fand – so etwas wie ein Glücksgriff. Danach versteckte er sich lieber hinter „pragmatischer Politik“, anstatt konkrete Vorschläge zu bringen. Wer auf Antworten zum Schutz vor Klimafolgen hoffte, wurde enttäuscht. Stattdessen wirkte die Debatte wie ein Stammtisch, an dem jeder mal seinen Senf dazugeben wollte.

Und dann war da noch die Chemtrail-Diskussion. Während Wolfratshausen erst kürzlich von sintflutartigem Regen getroffen wurde, drehte sich die Debatte plötzlich um geheime Wetterwaffen. „Schauen Sie auf den Himmel“, rief einer, als wäre das die Lösung, um dem Hochwasser zu entgehen. Ob man Sturzregengüsse mit abstrusem Redeschwall bekämpfen kann? Wohl kaum. Ganz getreu dem Motto „was ich nicht sehe, ist auch nicht da“ verhielten sich aber auch die anderen Zuhörer – und verließen beinahe fluchtartig den Saal. Die wahrscheinlich konkreteste Übung für den Ernstfall Klimawandel an diesem Abend.

Kein Wunder, dass am Ende keiner mehr wusste, was eigentlich auf der Karte stand: Schutz vor den realen Klimafolgen. Stattdessen wurde serviert, was keiner bestellt hatte: schwer verletzte Igel, „pragmatische Politik“ und Chemtrails. Was es aber braucht, ist weniger heiße Luft – und ein ernstes Klima für den Diskurs. Dann wird das mit der Klimaresilienz vielleicht auch was.

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