Der SPD-Landtagsabgeordnete Florian von Brunn geriet bei seinem Besuch im Wolfratshauser Jugendhaus La Vida am Dienstag immer wieder ins Staunen: über das vielfältige Angebot des Kinder- und Jugendfördervereins (KJFV), der dort residiert und neben Jugend- und Familienarbeit auch die gesamte Schulkinderbetreuung in der Stadt und manchen umliegenden Gemeinden verantwortet; über die Hortgruppe, die dort im Erdgeschoss untergebracht ist; und über die Hausaufgaben, die deren Kinder schon am ersten Schultag machen mussten. Solche aber hatte er, nach zwei Stunden Gespräch mit der KJFV-Führung, da auch schon selbst im Gepäck: Der Landtag solle dafür sorgen, dass die Fördermittel für den Schulumbau, der für die Erfüllung des bald geltenden Ganztagsanspruchs nötig ist, länger gewährt werden als bis Ende 2027. Außerdem müsse der seit Jahren nicht angepasste Zuschuss des Freistaats für die dringend benötigte Sozialarbeit endlich erhöht werden.
Es waren also ziemlich konkrete Forderungen, die der Oppositionspolitiker von seinem Besuch im Betreuungsstimmkreis „mitzunehmen“ versprach in seine Arbeit am Maximilianeum. Ins Wolfratshauser Jugendhaus war er gemeinsam mit dem Vorsitzenden des SPD-Kreisverbands und ehemaligen Bundestagsabgeordneten Klaus Barthel gekommen, um sich „über das Gesamtangebot des zur Institution gewordenen Vereins“ zu informieren. Der Termin in Wolfratshausen war für ihn politisch sozusagen ein Heimspiel: Schließlich ist KJFV-Geschäftsführer Fritz Meixner selbst SPD-Stadtrat und der Vereinsvorsitzende Reiner Berchtold einstiger SPD-Bürgermeister der Stadt. Gemeinsam mit dem stellvertretenden Geschäftsführer Walter Bernlochner gaben sie einen differenzierten Einblick in ihre Tätigkeit, der immer wieder auch die Diskrepanz zwischen Bildungspolitik auf dem Reißbrett und ihrer Umsetzung im realen Alltag verdeutlichte.
„Mittelständisches Unternehmen mit 130 Köpfen.“
„Der KJFV ist heute ein mittelständisches Unternehmen mit mehr als 130 Köpfen verteilt auf 60 Planstellen“, berichtete Meixner und erklärte das „Wolfratshauser Modell“, das ohne die Stadt nicht funktioniere: Einrichtungen wie Mittagsbetreuung, Horte, Familienpaten und Jugendhaus gebe es auch in anderen Kommunen. Diese aber unter einer Trägerschaft zu vereinen, sei etwas Besonderes. Der Fachbereich Kinder ist beim KJFV längst der Größte: Der Verein betreibt zwei Horte mit zwei Außengruppen im Stadtgebiet, dazu neuerdings zwei Kindergärten mit insgesamt 50 Plätzen, sowie fünf Mittagsbetreuungen, darunter eine in Münsing und eine in Egling, sowie drei Angebote im offenen Ganztag: an der Real- und der Mittelschule in Wolfratshausen und an der Grundschule Icking.
Brunn wollte mehr zur Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder wissen, auf die Eltern bundesweit von 2026 an einen Anspruch haben. Diese sei angesichts des Fachkräftemangels auch wirtschaftlich dringend nötig, damit beide Elternteile arbeiten könnten, so der SPD-Abgeordnete. Die Kommunen hätten damit „viel vor der Brust“, erklärte Meixner. Schließlich müssten sie dem auch baulich gerecht werden. Brunns Frage, ob sich der offene Ganztag auch in den bestehenden Räumen bestreiten lasse, verneinte der KJFV-Geschäftsführer. Von 8 bis 16 Uhr, das sei für die Kinder ein „harter Arbeitstag“. Diesen könne man nicht allein im Klassenzimmer und in der Mensa verbringen. Fachpersonal und pädagogische Konzepte seien das eine. Aber: „Wenn für den Nachmittag kein adäquates Raumangebot geschaffen wird, wo man sich auch mal zurückziehen kann, hat das mit Qualität nichts zu tun.“ Der Ganztag sei auch eine „Ersatzheimat, die wir für Kinder schaffen“, sagte Meixner. „Aber dieser Groschen ist noch nicht gefallen.“
„Man ruft ja nicht an, und dann kommt wer und baut.“
Kein Verständnis hatte Meixner daher mit dem geltenden Ultimatum bei den Förderungen des Bundes für den Schulausbau zum Ganztagsangebot. Die pauschalen 1500 Euro pro geschaffenem Ganztagsplatz würden aktuell nur ausbezahlt, wenn die Bauten dafür bis 31. Dezember 2027 fertiggestellt seien. Kommunen wie Wolfratshausen und Egling seien „mittendrin“ in ihren Schulplanungen. Den Termin könnten sie aber nicht einhalten. Dies beklagte auch der Wolfratshauser Bürgermeister Klaus Heilinglechner (BVW), der später dazukam. „Man ruft ja nicht an, und dann kommt wer und baut.“ Die Frist müsse dringend verlängert werden. Brunn versprach, diese Forderung weiterzutragen. Dass in Bayern bislang nur 20 Prozent der möglichen Fördermittel abgegriffen worden seien, sei sicher auch ein Versäumnis des Sozialministeriums, das die Möglichkeiten nicht ausreichend kommuniziert habe.
Nachholbedarf sah Meixner auch bei den Mitteln für die Schulsozialarbeit, die der KJFV an den Grund- und Mittelschulen in Wolfratshausen und Waldram, sowie an der Realschule betreibt und die von immer mehr Schülern dringend benötigt werde. Die Förderpauschale vom Freistaat, 8130 Euro für eine halbe Stelle beim KJFV, sei seit 2007 unverändert und müsse dringend angepasst werden. Die Richtlinie laufe zum Jahresende aus. „Da muss was Neues kommen“, forderte Meixner. Der Freistaat müsse investieren. „Das ist ein wichtiges Thema, das nehmen wir mit“, sagte Brunn. Überrascht zeigte sich der Landtagsabgeordnete auch davon, dass der KJFV für die Schulsozialarbeit als Träger jährlich circa 22 000 Euro aus Eigenmitteln erbringen muss, wie Meixner sagte.