Wolfratshausen:"Kaufmännisch nicht akzeptabel"

Wie die Stadt mit dem Alten Vermessungsamt agiert hat, ist aus Sicht eines früheren Gutachters politisch zu bewerten

Matthias Köpf

Wolfratshausen: Jürgen Kindervater hat das Alte Vermessungsamt aufwendig saniert.

Jürgen Kindervater hat das Alte Vermessungsamt aufwendig saniert.

Jetzt, da nach sechs Jahren vieles so gekommen ist, wie es damals in seiner Studie stand, könnte er sich bestätigt fühlen. Doch nach der ersten Enttäuschung habe er die Sache "inzwischen abgeschrieben", sagt Johannes Schneider. Deshalb formuliert er seine Kritik nun betont unpersönlich: "Wenn eine Dienstaufsichtsbehörde das untersucht, dann müsste sie eigentlich zu dem Ergebnis kommen, dass das ein Geschäft zu Lasten des Steuerzahlers war", sagt der Wolfratshauser Makler dazu, dass die Stadt das Alte Vermessungsamt neben dem Rathaus in Erbpacht an einen Investor vergeben hat und nun den ersten Stock für mehr Geld zurückmietet, als sie für das ganze Haus Pacht erhält.

Denn genau im zentralen Punkt hat sich der Stadtrat gerade gegen die Schlussfolgerung entschieden, die Schneider, der Anwalt Harald Mosler und der Ingenieur Josef Wehbe in dem Gutachten zogen, das sie 2007 im Namen des Vereins Lebendige Altstadt Wolfratshausen (LAW) verfasst hatten: Die Stadt hat das denkmalgeschützte Haus nicht selbst saniert und etagenweise vermietet, sondern vier Jahre später auf 99 Jahre an Jürgen Kindervater vergeben. Der hat es aufwendig instand setzen lassen und vermietet nun das Erdgeschoss an eine Bekleidungskette, die beiden obersten Etagen an die SZ - und den ersten Stock an die Stadt, der das Haus selbst gehört, auch wenn sie erst in 97 Jahren wieder darüber verfügen kann.

Wie viel er investiert hat, will Kindervater nicht sagen, es seien am Ende aber mehr als die 1,2 Millionen Euro gewesen, die 2011 in Rede standen. Dass er von der Stadt künftig monatlich mehr erhält, als er ihr überweist, bestreitet der Investor nicht. Zugleich legt er Wert darauf, dass die Miete für sanierte Büros gezahlt wird, während die Erbpacht auf Basis eines Grundstückswerts berechnet ist, der vor der Sanierung bei Null lag.

Genau zu diesem Wert Null kamen 2007 auch Schneider, Mosler und Wehbe. Deshalb müsste die Stadt noch 100 000 Euro draufzahlen, damit es ein Käufer rentabel sanieren könne, hieß es damals. Die Gutachter schlossen daraus, dass die Stadt die Sanierung selbst stemmen oder ihrer Wohnbau-Tochter StäWo auftragen sollte, die freier agieren und Steuern sparen könne. Die Investition von 1,2 Millionen Euro ohne Mehrwertsteuer hätte die Stadt demnach nicht belastet, denn sie hätte Zins und Tilgung für einen Kredit dieser Höhe aus den Mieteinnahmen bedienen und womöglich sogar ein kleines Plus machen können. Außerdem hätte sie über Flächen am Rathaus verfügt, die sie nun mieten muss.

Das Haus in Erbpacht zu vergeben, habe man damals sofort verworfen, sagt Schneider. Denn dann hätten "die Erbpacht-Erträge so weit zusammenschrumpfen müssen, dass sie praktisch nicht ins Gewicht fallen - und wir konnten uns nicht vorstellen, dass man so etwas macht". Doch so ist es gekommen, was Schneider "kaufmännisch nicht akzeptabel" nennt. "Doch es war politisch gewollt, warum auch immer." Dies zielt weniger auf den damaligen Bürgermeister Reiner Berchtold und dessen SPD, die sich den Vorschlägen anschließen wollten. Doch sie scheiterten an den anderen Fraktion und vor allem an der CSU, deren Führungsriege den Parteifreunden Schneider und Mosler seit langem in inniger Abneigung verbunden ist.

Der seit 2008 amtierende Bürgermeister gibt sich bei dem Thema wortkarg. Es gebe keinen unterschriebenen Mietvertrag für den ersten Stock, sagt Helmut Forster, der sich im Bauausschuss hinter verschlossenen Türen wegen geschaffener Fakten einige Kritik anhören musste. Für den Vertrag "brauche ich an sich keinen Stadtrat" sagt er. Gleichwohl wollte es das Gremium am Dienstagabend informieren.

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