Wolfratshausen:Investor für die Problemimmobilie

Das alte Vermessungsamt in bester Lage verfällt seit Jahren. Ein früherer Telekom-Sprecher übernimmt jetzt das denkmalgeschützte Gebäude und plant dort Läden, Praxen und Wohnungen.

Matthias Köpf

Wolfratshausen hat für sein altes Vermessungsamt endgültig einen Investor gefunden: Der frühere Konzernsprecher der Deutschen Telekom, Jürgen Kindervater, übernimmt das denkmalgeschützte Gebäude aus dem 19. Jahrhundert für die nächsten 99 Jahre in Erbpacht und will noch heuer mit der Sanierung beginnen.

Die Verträge sind nach Angaben von beiden Seiten inzwischen unter Dach und Fach. Am morgigen Mittwoch wird sich der Bauausschuss des Wolfratshauser Stadtrats mit Kindervaters Bauantrag befassen.

Wenn die Stadträte den Antrag diskutieren, dann sprechen sie zugleich über ihre eigene Sicherheit. Denn Teil der Pläne ist ein Treppenhaus samt Aufzugschacht, das an der Rückseite des alten Vermessungsamts angebaut werden und zugleich als zweiter Fluchtweg aus dem Sitzungssaal und dem gesamten Rathaus dienen soll. Mit Stahl und Glas als Baumaterialien soll sich dieses bewusst von der alten Bausubstanz absetzen, statt sich selbst als historisch zu tarnen, sagt Kindervater.

Das bisherige, innenliegende Treppenhaus, auf das Denkmalschützer besonderen Wert legen, könnte weiterhin genutzt werden, wenn ein künftiger Mieter das Erdgeschoss und die erste Etage zusammen nutzen wolle. Als Alternative bei getrennten Mietern oder Nutzungen schwebt dem Investor vor, das Treppenhaus in beiden Stockwerken so zu verkleiden, dass es zwar nicht mehr sichtbar und benutzbar ist, aber immerhin erhalten bleibt. Ähnlich könnte es mit dem Dachstuhl geschehen. Hier habe man bei bisher zwei Terminen mit im Münchner Denkmalamt vereinbart, dass zumindest ein Teil des Gebälks sichtbar bleiben werde, sagt Kindervater- ob auch für die Öffentlichkeit, hänge aber von der künftigen Nutzung ab.

Über diese kann Kindervater nach eigenen Worten noch nichts Definitives sagen. Fest stehe aber, dass es zumindest die Möglichkeit geben werde, im Erdgeschoss einen zweiten Eingang zur Marktstraße hin zu öffnen, um so auch zwei Ladenlokale unterzubringen. Er wolle auf alle Fälle Leben ins Erdgeschoss bringen, was vermutlich am einfachsten mit irgendeiner Form von Gewerbenutzung gehen werde, sagt Kindervater. Für die oberen Etagen sind bisher Büros, Praxen oder auch Wohnungen vorgesehen.

Kindervater, der sein Amt als Kommunikationschef der Telekom 2002 aufgeben musste und dessen Name häufig im Zusammenhang mit der Bespitzelung von Journalisten und einer teils recht rüden Auffassung von Öffentlichkeitsarbeit gefallen war, bezeichnet sein Engagement für das alte Vermessungsamt teils als Liebhaberei, teils als langfristige Geldanlage für seine Familie. Mit dem Vorhaben wolle er an die Revitalisierung des historischen Bahnhofs von Bernried als seinem ersten derartigen Projekt anknüpfen, das ihm viel Spaß gemacht habe und im vergangenen Jahr zur allseitigen Zufriedenheit fertiggestellt worden sei.

Auch in das Vermessungsamt wolle er viel Liebe und Engagement stecken, um dem Anspruch des Gebäudes gerecht zu werden, sagt Kindervater. Wie viel Geld er investieren will, möchte er hingegen nicht öffentlich machen. Angesichts des inzwischen vergleichsweise maroden Zustands des seit Jahren leer stehenden Hauses wird sich die Summe der Million aber auf jeden Fall zumindest annähern.

Sollten Stadt und Landratsamt seinem allseitig ausführlich vorbesprochenen Antrag zügig zustimmen, will Kindervater bald mit den Arbeiten an der Fassade beginnen und diese in diesem Jahr fertigstellen. Die Mieter könnten bis zum kommenden Frühsommer einziehen. Für Bürgermeister Helmut Forster wäre das nach jahrelangem Hin und Her endlich die erhoffte Lösung für die städtischen Problemimmobilie: "Das tut der Stadt sicher gut. Schließlich was das ja schon fast ein Schandfleck bisher."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: