Worin besteht nur der Zauber, der diesen sich auftürmenden, entbehrlichen oder auch begehrten Flohmarktschätzen innewohnt? Trödelmärkte haben Konjunktur wie nie. Vielleicht ist es im Einzelfall die Freude, in der jahrelang blockierten Garage endlich Platz für ein richtiges Auto zu haben. Oder es überwiegt die Genugtuung darüber, dass nunmehr Andere überlegen müssen, wo sie all die Preziosen, die Jahrzehnte mehr oder weniger unbeschadet überdauert haben, in einer engen Wohnung noch stapeln und verstauen könnten. Am Ende obsiegt dann aber wohl doch die heimliche Hoffnung, dass sich der verstaubte Ölschinken vom Dachboden als verschollener Rembrandt erweist. Man kann ja nie wissen. Nicht zu unterschätzen ist andererseits die Freude, einem dankbaren Schnäppchenjäger für zwei Euro fünfzig jene grauenhafte Bleikristallvase angedreht zu haben, die als unwillkommenes Hochzeitsgeschenk drei Generationen überdauert hat.
Geben und Nehmen, ein bisschen Feilschen, Pokern und Verhandeln – und vor allem miteinander reden: Darum ging es bei den 152 registrierten Teilnehmern, die beim diesjährigen Hof- und Gartenflohmarkt des Wolfratshauser Bürgervereins mitgemacht haben. Die Interessenslage war unterschiedlich, und einer, der ursprünglich ein paar Ladenhüter loswerden wollte, ging stattdessen mit einem zusätzlichen Schätzchen nach Hause, dem ganz unerwartet nicht zu widerstehen war. Ein solches wäre beinahe eine antike Wanduhr gewesen, wunderschön, völlig intakt und sauber aufpoliert, an der Beuerberger Straße angeboten für 30 Euro. Weit weniger begehrenswert erschienen an diesem Verkaufsstand dagegen eine Sammlung von Zinnreliefs, ein ausgelegter Perserteppich und ein im vergoldeten Barockrahmen gefasstes Landschaftsgemälde des wenig bekannten, immerhin im Internet vertretenen Künstlers Helmut Stadelhofen. Ein Erbstück, durchaus reizvoll, sofern man auf Gebirgsmalerei steht. Die Verkäuferin wäre dem potenziellen Interessenten erklärtermaßen „sehr weit entgegengekommen“.
Reichhaltiger präsentierte sich bei anderen, jeweils mit einem bunten Luftballon markierten Verkaufsstellen das Angebot an Secondhand-Klamotten, wie im Kaufhaus fein nach Größe sortiert, gut vertreten waren heuer wie im vergangenen Jahr wieder Spielsachen: Brio-Bahnen, Puppenhäuser in allen Preisklassen, jede Menge Playmobil, Legosteine, gut erhaltene Kinderbücher, auch Puppen und Kuscheltiere. Ziemlich kurios mutete das Angebot einer Gruppe überwiegend junger Leute am Wolfratshauser Obermarkt an. Aber wer weiß, vielleicht gibt es Kunden, die ausgerechnet nach zwölf nagelneuen Petroleumlampen, einem silberfarbigen mehrarmigen Leuchter, einer Bohrmaschine und zwei Schaumgummi-Keulen Ausschau gehalten haben. Letztere eignen sich als Requisiten für mittelalterliche Spielszenen.
Mehr aufs Atmosphärische bedacht war die alternativ ausgerichtete Einwohnergemeinschaft der Wolfratshauser Berggasse. Deren Angebot am Flohmarkt war zwar vergleichsweise überschaubar, stattdessen ging es hier umso mehr ums Atmosphärische - leise Akkordeonklänge empfingen Besucher, die sich in das etwas abgelegene, beschauliche Ambiente verirrt hatten. Erwähnenswert am Angebot sind hier Porzellanschüsseln und ein Einrad für den artistischen Nachwuchs. Kurse in dieser sportlichen Disziplin bieten die Berggassenleute an der örtlichen Grundschule an.
Besonders wichtig ist es aus Sicht des Bürgervereins, die Gesprächsbereitschaft und die sozialen Kontakte zu fördern. Diesem Anliegen kommen auch die Bewohner des neuen Maro-Mehrgenerationenhauses entgegen, das allein mit 24 Haushalten beim Hof-und- Gartenflohmarkt vertreten war. Gemäß der Devise: „Ein schöner Tag in guter Nachbarschaft.“