Wolfratshausen:Hilfe für psychisch kranke Menschen

Der Bezirk Oberbayern plant am Kreiskrankenhaus Wolfratshausen eine Fach-Tagesklinik. Arnold Torhorst, Sprecher des Steuerungsverbunds psychische Gesundheit, findet die Einrichtung überfällig

Von Ingrid Hügenell, Wolfratshausen

An der Kreisklinik Wolfratshausen soll eine psychiatrische Tagesklinik eingerichtet werden. Träger werden die Lech-Mangfall-Kliniken sein, ein Tochterunternehmen der Kliniken des Bezirks Oberbayern (KBO). Bis die Einrichtung für etwa 15 bis 20 Patienten ihren Betrieb aufnehmen kann, wird es aber noch etwas dauern - voraussichtlich bis ins Jahr 2016. Zurzeit laufe dazu das Bedarfsfeststellungsverfahren beim bayerischen Gesundheitsministerium, teilen die KBO mit.

Dabei besteht im Landkreis grundsätzlich Einverständnis, dass so eine Einrichtung dringend nötig ist, und auch die Lech-Mangfall-Kliniken sehen das so: "Wir schließen damit eine Lücke in unserem Pflichtversorgungsbereich." Denn wer psychisch krank ist, muss bisher weite Wege auf sich nehmen, um behandelt zu werden. Die nächste psychiatrische Akut-Klinik liegt in Agatharied im Landkreis Miesbach; dort gibt es neben der stationären Klinik bereits eine Tagesklinik.

Im gesamten Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen aber gibt es kein Krankenhaus oder auch nur eine Abteilung in einem Krankenhaus, in dem Menschen mit psychischen Krankheiten Hilfe bekommen könnten. "Das ist schädlich für den Landkreis", sagt Arnold Torhorst. Der Facharzt für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatische Medizin ist auch Vorsitzender des Steuerungsverbunds psychische Gesundheit im Landkreis. Er setzt sich seit vielen Jahren dafür ein, dass Menschen mit psychischen Erkrankungen so wie alle anderen Kranken auch in der Nähe ihres Wohnorts behandelt werden können. Dass das noch nicht überall umgesetzt ist, nennt Torhorst "eine radikale Diskriminierung psychisch Kranker". Er hält ein Akut-Krankenhaus im Landkreis für dringend nötig, aber eine Tagesklinik sei schon eine Verbesserung für den nördlichen Landkreis.

Wolfratshausen: Der Psychiater Arnold Torhorst hält die Einrichtung einer Tagesklinik für überfällig.

Der Psychiater Arnold Torhorst hält die Einrichtung einer Tagesklinik für überfällig.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

"Wolfratshausen ist leichter zu erreichen als Agatharied", sagt Christel Hansing, die in Bad Tölz lebt, und dort den Montagsclub leitet, eine Gesprächsgruppe für seelische Gesundheit. Sie begrüßt es sehr, dass eine Tagesklinik in Wolfratshausen eingerichtet werden soll. Aber so richtig wohnortnah sei Wolfratshausen für die Tölzer auch nicht. Hansing weist darauf hin, dass die meisten psychisch Kranken wenig oder nicht mobil sind. "Die Angehörigen müssen fahren", erklärt sie.

In eine Tagesklinik wird man vom Arzt eingewiesen, es handelt sich nicht um ein ambulantes, sondern um ein teilstationäres Angebot. Die Patienten kommen jeden Werktag morgens und gehen nachmittags wieder nach Hause. Dadurch und weil Tageskliniken meist an Krankenhäuser angeschlossen sind, in denen körperliche Erkrankungen behandelt werden, kann eine Stigmatisierung der Patienten oft vermieden werden. Es werden dort Menschen aufgenommen, für die eine ambulante Behandlung nicht mehr ausreichend, aber eine vollstationäre Aufnahme noch nicht erforderlich ist. Auch wer nach einem Klinikaufenthalt Hilfe braucht, um in den Alltag zurück zu finden, kann in eine Tagesklinik aufgenommen werden. Die Patienten werden von einem Arzt psychiatrisch betreut und bekommen ein individuelles, strukturiertes Therapiekonzept. "Eine Besonderheit der Tagesklinik ist es, dass der Bezug zum Alltag nicht verloren geht. Gelerntes und Erfahrungen aus der Therapie können außerhalb der Klinik umgesetzt und erprobt werden", heißt es auf der Homepage der Tagesklinik in Agatharied. Die Therapie dauert in der Regel sechs bis zwölf Wochen. In Agatharied liegt der Schwerpunkt auf Menschen mit schweren Belastungen, Depressionen, Ängsten und Erschöpfung. Auch Essstörungen, Angsterkrankungen, Zwangs- oder Persönlichkeitsstörungen sind Indikationen. Neben einer Ärztin und einer Psychologin arbeiten dort Ergo-, Musik-, Kunst- und Bewegungstherapeuten.

Die KBO sind schon im Landkreis vertreten: mit der Ambulanz der Heckscher Klinik in Wolfratshausen für Kinder und Jugendliche mit psychischen Problemen. In Bad Tölz gibt es zudem die Schlemmer-Klinik, ein Zentrum für psychosomatische Medizin. Der sozialpsychiatrische Dienst der Caritas bietet in Geretsried eine Tagesstätte an, in der sich psychisch kranke Menschen treffen können. Eine hilfreiche Einrichtung mit therapeutischen Angeboten, die gut angenommen wird. Eine medizinische Behandlung oder individuell abgestimmte Therapien finden dort allerdings nicht statt. Zudem gibt es einige therapeutische Wohngruppen für psychisch Kranke und mehrere Selbsthilfegruppen.

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