Wolfratshausen:Härtetest auf dem Starkbierfest

Wolfratshausen: Beim Singspiel wird auch die Nachbarstadt durch den Kakao gezogen.

Beim Singspiel wird auch die Nachbarstadt durch den Kakao gezogen.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Beim Derblecken muss die lokale Polit-Prominenz eine Menge einstecken. Im Singspiel wünscht sich Bürgermeister Klaus Heilinglechner zurück in den Stall.

Von Claudia Koestler, Wolfratshausen

In der Wolfratshauser Stadtpolitik hatte sich jüngst einiges zusammengebraut. Reichlich Zutaten also für kräftig-deftige Würze im Singspiel, welches das örtliche Starkbierfest traditionell begleitet. In der Tat geriet die diesjährige Aufführung der Loisachtaler Bauernbühne zu einem süffig-spritzigen Spiegelkabinett der absurden lokalen Realitäten. Und was die Laiendarsteller der versammelten Polit-Prominenz hinrieben, war größtenteils Satire im besten Sinne des Wortes: frech, pointiert, witzig und ja, partiell auch ein wenig polemisch.

Am Ende des Abends dann noch eine Überraschung, besser gesagt eine Erscheinung, auch für jene, die zu dem Zeitpunkt noch nicht zu tief ins Glas geschaut hatten: Er ist wieder da - und übernimmt die Regie in Wolfratshausen: Äh, äh, Edmund (Hermann Paetzmann). Gerade auf dem Weg noch schnell die Welt zu retten, versprach Stoiber: Er werde zurückkommen, um die Fäden zu übernehmen. Gerade weil sie Themen, Eigenheiten und Charaktere in und um die Loisachstadt herum herrlich karikiert aufspießten, punktete das Spektakel - auch dank ganz starken Darstellern teils in Doppelrollen, der Regie von Monika Schwenger und Günter Wagner sowie den herrlichen Kulissen von Max Prestel und Helfern. Kein Wunder also, dass das Ensemble rasanten Jubel und spontane Begeisterung in der ausverkauften Loisachhalle erntete.

Die drei ??? auf der Suche nach dem Thema

Die Loisachtaler Bauernbühne bediente sich inhaltlich diesmal eines Kunstgriffes, nämlich einer Meta-Ebene: Das Publikum beobachtete, wie sich die Autoren die Köpfe darüber zerbrachen, was man denn nur nehmen könnte für das Singspiel. Entsprechend auch der Titel heuer: "Die drei ??? auf der Suche nach einem Thema". Es wurde munter gebrainstormt: "Meuterei an der Loisach?", schlug Mel Tobian vor. "Mit Forster als Captain Bligh", ergänzte Franz Foitzik.

Oder doch "Fluch der Loisach"? Mit Bürgermeister Klaus Heilinglechner als Captain Jack Sparrow, "so angeschlagen, wie er ist?", überlegte Flo Roth. Oder passe für ihn nicht besser: "Wer früher stirbt, ist länger tot"? Man könnte, überlegten die drei, auch einen anderen Film persiflieren: "Manfred Fleischer in: Für eine Handvoll Stimmen". Da wäre "alles drin, was Wolfratshausen auszeichnet: Lug, Betrug, Intrigen". Letztlich aber wandten sie sich doch dem typischsten aller Wolfratshauser Themen zu: Sie vertagten es.

Hans Schmidt tanzt den Ulmentanz

Derweil tanzte Hans Schmidt (Georg Steinbichler) in Wolfratshausen zwischen Bürgerladen und Isar-Kaufhaus den Ulmentanz, wurde aber von Franz Gehring (Max Prestel) zur Sitzung gerufen. Dazu stießen Felix Unterberger alias "Eibl, Elektro-Eibl" ("Ich bin ein Teil von jener Kraft, die stets das Gute will und doch das Böse schafft"), Helmut Forster (Wiggerl Gollwitzer) und Heilinglechner (Andi Wastian).

Der wollte eine "harmonische Sitzung", woraus natürlich nichts wurde. Und so sang ihm Eveline Hörschelmann den Rat: "De spuin doch mit Dir Katz und Maus, hau' auf'n Tisch, red' endlich, Klaus!" Heilinglechner setzte an zum Refrain: "Sonst geh' i zu de Küh, i geh' z'ruck, zu meine Küh, ihr habt's mi aufgebaut, mir das Amt anvertraut, mir is' klar, i war a Narr, i geh' z'ruck, zu meine Küh". Wiederholung vom letzten Jahr? "Ja scho", gab er zu, "aber die Bayernhymne wird ja auch bei jedem wichtigen Anlass gespielt."

Forster hingegen musste schnell noch das Bürgerladen-Schild vom Untermarkt 10 entfernen: Darunter schimmert schon "Forsters Andenken"-Laden. Dort wollte er zu gerne Wolfratshauser Devotionalien an einen der 639 000 Tagesgäste bringen. Woher er diese Zahl hat? "Ich bin der Wirtschaftsreferent, ich kann sagen, was ich will." Was er aber nicht alles hatte in seinem Laden: Aschenbecher mit dem Vierjahreszeitenhaus, das Isar-Kaufhaus als Spardose, ein Holzfloß als Panflöte, den Stadtrat als Handpuppen-Set oder einen Rikschafahrer in der Schneekugel.

Dann schwimmen die Geretsrieder herein

Als eine Touristengruppe gerade durch Wolfratshausen flanierte ("Wofür steht der Wolf? Dass hier alles zum Heulen ist." - "Zur Kunst in der Stadt: Wie Sie sehen, sehen Sie nix"), schwamm eine Gruppe Geretsrieder an: Meinl, Müller und Reeh. Sie wollten zeigen, "dass wir es ernst meinen mit dem Hallenbad". Die Kalkulation hatte Meinl schließlich längst "mit meinen persönlichen Freunden Horst, Markus und Ilse besprochen".

Am Ende sangen alle "Souvenir, Souvenir", die Autoren hatten viel erfahren, nur nichts über "Meixner, das Heißluftgebläse". Aber es fehlte ein geeigneter Regisseur, der aus Wolfratshausen wieder einen "funkelnden Leuchtturm machen" könne. Der Landrat? "Na, was richtig Großes". Auftritt "des Leibhaftigen", wie es Foitzik entfuhr: Stoiber eben.

Der Loisachtaler Bauernbühne ist es gelungen, ein lokales Possenspiel auf die Bühne zu zaubern, das treffsicher, frech und witzig war. Und die Musik lieferte den passenden ironischen Kommentar. Die echten Politiker übrigens trugen's mit Humor: Eibl schüttelte sich partiell vor Lachen, ähnlich ging es Heilinglechner und Niedermaier. Selbst Forster nahm es gelassen und wusste: Wer nicht lacht, hat den Härtetest der Lokalpolitik nicht bestanden.

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