Wolfratshausen/Geretsried:Sauberer Strom aus der Nachbarschaft

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Hans Schmidt (links) erläutert am Isar-Loisach-Kanal die Vorschläge der Wolfratshauser Grünen. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Wolfratshauser Grüne schlagen Alternativstandorte für Wasserkraftwerk am Isar-Loisach-Kanal vor

Von Wolfgang Schäl, Wolfratshausen/Geretsried

Seit fünf Jahren schleppt sich das behördliche Genehmigungsverfahren dahin, das zwischen den Wolfratshauser Ortsteilen Farchet und Waldram am Isar-Loisach-Kanal den Bau eines Wasserkraftwerks vorsieht. Erkennbar von der Stelle kommt das Projekt aber nicht. "Wir müssen jetzt endlich mal in die Puschen kommen", sagt deshalb Hans Schmidt, Grünen-Stadtrat und Wolfratshauser Umweltreferent.

Unter anderem spielen bei dem Projekt Aspekte des Naturschutzes in dem dortigen FFH-Gebiet eine Rolle. Die Behörden befürchten auch, dass bei den Bauarbeiten der Wasserstand der Loisach zu stark sinken und der Eingriff in das Gewässersystem von Loisach und Kanal sogar die auf einen Mindestpegel angewiesene Flößerei gefährden könnte. Kritisch äußern sich nicht zuletzt die Fischereiverbände.

In der Hängepartie um ökologisch erzeugten Strom gehen die Wolfratshauser Grünen jetzt in die Offensive: Sie schlagen zwei alternative Standorte in unmittelbarer Nähe der "Blauen Brücke" vor, die zwar bei Gelting und somit auf Geretsrieder Gemeindegebiet liegen, jedoch beiden Städten zum Vorteil gereichen könnten. Bei einem Ortstermin am Isar-Loisach-Kanal erläuterte Schmidt die Vorteile, die er den beiden dicht nebeneinander liegenden Varianten zumisst. Dort nähern sich der Kanal und Flussschlingen der Loisach bis auf wenige Meter an, sodass es möglich sei, dort mit minimalen baulichen Maßnahmen eine Rohrverbindung vom Kanal zur Loisach zu schaffen und eine Kaplan-Turbine zu installieren, einen Typ von Generator, der über ein vertikal eingebautes, verstellbares Laufrad verfügt und auch bei schwankendem Wasserstand konstant Strom liefern kann.

Zu den Vorteilen der jetzt vorgeschlagenen Standorte zählen die Grünen eine dort größere Fallhöhe des Wassers. Statt auf 4,5 Meter wie beim Farcheter Projekt komme man hier auf sieben Meter, was wiederum eine höhere Stromproduktion zur Folge habe. Falls man sich für eine dieser beiden Standorte entscheide, werde man über ein weiteres, leicht zugängliches Kraftwerk in kommunaler Hand verfügen und müsse nicht in ein FFH-Gebiet eingreifen. Denn ein solches sei bei Gelting nicht ausgewiesen.

Einen "besonderen Charme" sieht Schmidt darin, dass an einem der beiden vorgeschlagenen Standorte nicht nur mehr Strom produziert werden könnte als beim Farcheter Projekt, sondern, dank der zusätzlichen, vom Kanal in die Loisach übergeleiteten Wassermenge sogar die Generatoren in der Weidachmühle in der Lage wären, zusätzlichen Strom zu produzieren. Dann könnte an der Loisach so viel Strom wie bei einem Windrad erzeugen. Derzeit aber verzichte man "ohne Not" auf Strom für 2000 Haushalte, so Schmidt. Die beteiligten Behörden und Stromversorger "müssen endlich ranklotzen, wir brauchen jede einzelne Kilowattstunde", sagt er. Ein schnelles, gemeinsames Handeln sei angesichts der Klimakrise unverzichtbar.

Dass er bei den vorgestellten Standorten auch Nachteile erkennt, verschweigt Schmidt gleichwohl nicht. So müsse das Kraftwerk bei Hochwasser abgeschaltet werden, um die Fluten um Wolfratshausen herumleiten zu können. Der Schutz der Stadt sei schließlich die wichtigste Aufgabe des Kanals. Problematisch sei dies aber nicht, weil im Fall des Falles der Wasserdurchfluss jeweils "abgeschiebert" werden könne.

Schmidt räumt auch ein, dass unterhalb der Überleitung kaum noch Wasser im Kanalbett übrig bliebe, er glaubt aber nicht, dass Anwohner sich daran stören würden. Wenig Illusionen macht sich Schmidt indes über die Erfolgsaussichten für die Grünen-Vorschläge: "Uniper als Besitzer des Kanals, die Regierung von Oberbayern und das Wasserwirtschaftsamt haben wahrscheinlich kein Interesse, das Verfahren noch einmal aufzurollen." Umso mehr müssten Behörden und Stromversorger jetzt gemeinsam handeln. Das sieht auch Grünen-Stadtrat Rudi Seibt so: Man dürfe nicht "auf CO₂-freien Strom verzichten, den wir frei Haus geliefert kriegen", sagt er. Mit ihrem Anliegen wollen sich die Grünen jetzt auch an die regionalen Landtagsabgeordneten und an Landrat Josef Niedermaier (FW) wenden.

© SZ vom 08.03.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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