Süddeutsche Zeitung

Wolfratshausen/Geretsried:Pendeldiplomatie mit verdichtetem Takt

Landrat Niedermaier und die Bürgermeister Heilinglechner und Müller sind viel in Sachen S 7 unterwegs

Von Matthias Köpf, Wolfratshausen

Landrat Josef Niedermaier (FW) und die Bürgermeister Klaus Heilinglechner (BVW) und Michael Müller (CSU) müssen spätestens seit dem Runden Tisch im März gemeinsame Sache machen, damit die S 7 dereinst unter der Sauerlacher Straße in Wolfratshausen hindurch nach Geretsried führt. Seither pflegen sie eine rege Pendeldiplomatie, am Donnerstag mit verdichtetem Takt. So war Heilinglechner bei Müller am Geretsrieder Unternehmerforum, ehe er zur Monatsversammlung der eigenen Bürgervereinigung stieß. Dorthin ließ sich am späteren Abend auch Niedermaier noch fahren - aus dem fernen Lenggries und gerade rechtzeitig für einen Versuch, die S 7-Debatte in der BVW wieder einzufangen.

In dieser BVW, die in zwei Wochen ihr 20-jähriges Bestehen feiert, gibt praktisch genauso lang Helmut Forster den Ton an, seit langem sekundiert von Josef Praller. Zu Beginn der Versammlung hatten beide ihrer Enttäuschung über die S 7-Pläne Luft gemacht, die ihnen und ihren Ratskollegen aus Wolfratshausen, Geretsried und dem Kreistag am Dienstag erstmals präsentiert worden waren. Städtebauliche Vorteile für Wolfratshausen seien für ihn nicht mehr erkennbar und die Stadt könne auch ihren eigenen Grund am Gleisdreck nicht erschließen, sagte Forster über den Gleistunnel, der nur ein knappes Drittel des gesamten Abschnitts ausmachen soll, während die Gleise sonst in einem offenen Trog verlaufen. Für Praller ist das nur eine "minimal gedeckelte Troglösung" und "eine marginale Verbesserung" für Wolfratshausen. Die Kosten dafür "uns aufs Auge zu drücken", obwohl Schienenwege von Bund und Land finanziert werden müssten, sei "nicht nachvollziehbar", sagte Praller, der als Fraktionssprecher in die informellen Gespräche über die Tunnelkosten eingebunden war.

Der Kreis und die Städte müssen knapp 40 Prozent der Mehrkosten für den Tunnel tragen und sollen sich die nach Niedermaiers Vorschlag im Verhältnis 70:15:15 teilen. Bei 44 Millionen Euro Tunnelkosten wären das je 2,55 Millionen pro Stadt. Auch dass stets diese schon jetzt viel zu niedrigen Summen aus dem Jahr 2009 genannt würden, ärgert Forster und Praller. "Wir werden der Kostenaufteilung zustimmen müssen, wenn auch schweren Herzens und zähneknirschend", sagte Forster. Doch aus Prallers Sicht "bekommt Wolfratshausen dafür definitiv zu wenig".

Dem widersprachen die nacheinander eingetroffenen Heilinglechner und Niedermaier. Er gehe ohnehin von 5,5 Millionen aus, sagte der Bürgermeister und sprach von einem wichtigen Projekt für beide Städte. Womöglich könne die Güteumladestation vom Bahnhof auf Geretsrieder Flur verlegt werden, was in Wolfratshausen weitere - allerdings bahneigene - Flächen frei mache. Der Landrat appellierte, auch die Chancen auf ungeahnte neue Entwicklungen zu sehen. Wolfratshausen erhalte nun das, was es immer gefordert habe und was bis vor kurzem strikt abgelehnt worden sei. Prallers Verwunderung darüber, dass beide Haltungen mit dem Eisenbahnkreuzungsgesetz begründet wurden, kommentierte Niedermaier: "Das ist Politik." Nun gelte es, die Kostenteilung zu beschließen; über einen längeren Tunnel oder eine Erschließung des Gleisdreiecks per Brücke über den Trog könne dann im weiteren Verfahren geredet werden.

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Quelle:
SZ vom 23.05.2015
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