Der klackernde Leerlauf zweier Fahrräder kündigt Petra und Stefan an. Die beiden Aktivisten sind auf dem Weg zum allmonatlichen Treffen von Wolfratshausen for Future (W4F) in der „Costa Smeralda“. In dem italienischen Restaurant hat sich bereits eine kleine Runde in gemütlicher Atmosphäre versammelt – ein eingespieltes Team. Diesen Monat stehen die Raddemo „Kidical Mass“ und der globale Klimastreik im Mittelpunkt. Schon eine Viertelstunde vor dem offiziellen Beginn ist der Tisch gut besetzt. Die Gespräche drehen sich um Urlaub in Dänemark, „Caesar Salad“ ohne Hähnchen, dafür mit Zucchini, und die Folgen des Klimawandels: Überschwemmungen im Sudan. Insgesamt sind es an diesem Abend acht Teilnehmende.
Familien-Raddemo geplant
Gegen 19.30 Uhr eröffnet Jan Reiners die Diskussion. Der 50-jährige Vater ist seit mehr als drei Jahren bei W4F aktiv und moderiert an diesem Abend die Sitzung. Der erste Punkt auf der Agenda: Die „Kidical Mass“ am 22. September. Gemeinsam mit dem Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC) plant die Gruppe, von 13 Uhr an als „Familien-Fahrraddemo“ zum „FahrRAD-Fest“ nach Geretsried zu radeln – mitten über die B11. Die Genehmigung hat W4F bereits bekommen und auch den Parkplatz vom Rewe in Wolfratshausen dürfen die Aktivisten als Startpunkt nutzen. Doch es gibt noch einiges zu klären: Klaus Wiedemann vom ADFC möchte wissen, wo genau weitere Demonstrierende während der Fahrt dazustoßen könnten. Fast gleichzeitig kommen von allen Seiten des Tischs neue Probleme und Themen zur Sprache: Gema-Gebühren, ein eigener Stand auf dem Fahrradfest, Ordner und Sanitäter für die Demo, Anhänger für Equipment.
Mitten in der Diskussion wird das Essen serviert: grüne Tagliatelle und ein Helles – die Farben des Bündnisses sind nicht nur auf dem Flyer zur Fahrraddemo präsent.
Nach einer knappen Dreiviertelstunde ist alles organisiert. Es gibt genug Ordner und Sanitäter, die Gruppe will noch einmal zur Gema recherchieren. Einen eigenen Stand gibt es nicht – aber wer möchte, könne gerne etwas organisieren. So wie Klaus Wiedemann. Er hat Schablonen vorbereitet, mit denen Kinder am „FahrRAD-Fest“ Steine mit einem stilisierten Drahtesel bemalen können. Auch die Frage, wo sich Demonstrierende anschließen können, hat die Gruppe geklärt: Die Zufahrt auf die B 11 ist in Waldram in Richtung Geretsried möglich, gegen 13.20 Uhr. Für Familien mit kleinen Kindern empfiehlt W4F erst gegen 13.40 Uhr am Kaufland in Geretsried einzusteigen.
Globaler Klimastreik
Zwischen zwei Bissen leitet Jan Reiners über zum zweiten Punkt des Abends: den globalen Klimastreik am 20. September. Bei der vorangegangenen Sitzung am 1. August hatte sich die Gruppe noch für eine neue Aktionsform ausgesprochen. Statt „Streik“ sollte es „Demo“ heißen, auch eine Veranstaltung mit Vorträgen zur Klimakrise hatten die Aktivisten angedacht. Aus Zeitgründen will die Gruppe doch an der üblichen Veranstaltung festhalten. Heißt: Versammlung um 16 Uhr am Marienplatz in Wolfratshausen, mit anschließender Protestrunde durch die Stadt. Das Motto in diesem Jahr lautet „#Endfossilfuels“. Das Bündnis will zusammen mit der For-Future-Bewegung in Deutschland gegen die Gasbohrungen vor Borkum protestieren. „Ich glaube, dass das Thema Potenzial hat, dass da einige Leute kommen“, betont Leo Köppl. Der 27-Jährige ist seit vier Jahren bei W4F aktiv – und mit Abstand der Jüngste in der Runde. Jetzt sitzt er mit einer großen Tasche voller Postkarten, Plakaten und Flyern am Tisch. „Über 200 Stück“, sagt er und lacht. Das Werbematerial verteilt er an seine Mitstreitenden.
Auf den Tellern finden sich mittlerweile nur noch ein paar Saucenreste, auch vom Hellen ist nicht mehr viel übrig. Die Sitzung, die so motiviert begonnen hat, endet eher ernüchternd. Denn seit Januar sucht W4F nach großen Dächern in der Stadt, um in Kooperation mit der Energiegenossenschaft Fünfseenland Solaranlagen zu installieren und zu betreiben. Damit möchte W4F dazu beitragen, Wolfratshausen bis 2035 Klimaneutral zu machen. Doch bisher stößt das Projekt aufseiten der Dachbesitzer nicht auf Gegenliebe. Niemand habe der Gruppe sein Dach zur Verfügung stellen wollen, heißt es bei dem Treffen. Auch zu einer geplanten Veranstaltung mit der Stadt zum Thema Mobilität gebe es keine Rückmeldung aus der Verwaltung.
Mit Blick auf die Bewegung in Deutschland sagt Leo Köppl: „Die Luft ist ziemlich raus.“ Das sei ein großes Problem. Fast sechs Jahre gebe es die Bewegung, und gefühlt sei fast nichts passiert. „Aber wenn man mal genau hinschaut, dann ist es doch schon ganz schön viel“, sagt er und lächelt.
Das nächste Treffen von Wolfratshausen for Future findet am 10. Oktober statt. Weitere Informationen zur „Kidical Mass“, dem globalen Klimastreik und den monatlichen Treffen gibt es unter worforfuture.de